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Medien: 1000 Radios für Aceh

Berichten und Aufbauen: Was Hörfunk und Fernsehen der Deutschen Welle für Südasien leisten

„Wir mussten über den Rand unserer Kapazitäten hinaus arbeiten“, sagt Dagmar Engel, Chefredakteurin von Deutsche Welle-TV in Berlin. Was sie sagt, bestätigen ihre Kollegen von DW-Radio in Bonn. Die Tsunami-Welle in Südostasien am 26. Dezember hat den deutschen Auslandsrundfunk wie andere Sender buchstäblich überrollt. Sybille Golte-Schröder, Leiterin des indonesischen Radioprogramms, erzählt, dass die Informationen aufgrund der schwierigen politischen Lage, besonders in der Provinz Aceh, nur zögerlich in der Redaktion eingelaufen seien. „Zwischenzeitlich hieß es sogar, Indonesien sei größtenteils von der Flut verschont geblieben.“

Wenig später, als das Ausmaß der Zerstörung deutlich wurde, wurden zusätzliche Mitarbeiter von DW-Radio und DW-TV in die betroffenen Regionen, nach Aceh, auf die Inselgruppe der Andamanen und nach Thailand geschickt. Die Programme in den betroffenen Gebieten reagierten mit zahlreichen Sondersendungen, Experteninterviews und Korrespondentenberichten. „Die Deutsche Welle arbeitete eng mit dem Krisenreaktionszentrum in Berlin zusammen und übernahm Hinweise für deutsche Staatsangehörige, die sich in Südostasien aufhielten, in ihre Programme“, berichtet Michael Krumbein, Redakteur von DW Radio.

Das Fernsehen der Deutschen Welle, das quasi ein Programm rund um die Welt schickt, musste und muss nach Angaben von Chefredakteurin Engel anders agieren: Deutsche in aller Welt und die Einwohner in den betroffenen Regionen informieren und beide Schwerpunkte in einem Programm ausbalancieren. Offenbar ist dies gelungen, wie Tyler Brule in der „Financial Times“ vom 9. Januar feststellte. Wo andere, internationale Fernsehsender darauf aus gewesen seien, vermisste Touristen und lokale Zerstörung in ein Katastrophen-Puzzle zu bringen, hätte DW-TV immer wieder die Brücke nach Deutschland und zu den angelaufenen Hilfsmaßnahmen geschlagen.

Klar ist aber auch, wie Fernsehdirektor Christoph Lanz anmerkt, dass die Berichtsleistung „ohne den Rückgriff auf die ARD und ihre Korrespondenten überhaupt nicht zu schaffen gewesen wäre“. Auch eine Folge der Ressourcen: Der Jahresetat von DW-TV beläuft sich auf 70 Millionen Euro und entspricht damit nicht einmal dem Etat der ARD-aktuell-Zentrale („Tagesschau“, „Tagesthemen“) in Hamburg.

Am Anfang war das erste Ziel: Berichten, berichten, berichten. Diese Aufgabe bleibt, eine weitere ist hinzugekommen: „Jetzt ist es vor allem wichtig, die zerstörten Radiostationen wieder aufzubauen und etwas gegen die allgemeine Kommunikationslosigkeit zu unternehmen“, sagt Sybille Golte-Schröder. Acht der 14 Rebroadcasting-Partner in der Provinzhauptstadt Banda Aceh und in der Stadt Meulaboh sind vollkommen zerstört worden. Viele der Mitarbeiter sind tot. Der Indendant des deutschen Auslandfunks Erik Bettermann gab jetzt bekannt, die DW wolle Sendeanlagen für bis zu neun zerstörte Sender in dem Gebiet finanzieren. Die Partnerstation Radio 68 H aus Jakarta schickte ein erstes Erkundungsteam los, um festzustellen, was zum schnellen Wiederaufbau notwendig ist. „Wir wollen die Sender gerne langfristig unterstützen. Es geht daher nicht nur darum, Geräte bereitzustellen, sondern auch die Infrastruktur wiederherzustellen“, sagt Hendra Pasuhuk. Der Redakteur des indonesischen Programmes war nach Indonesien geflogen, um herauszufinden, wie die Deutsche Welle sich am besten am Wiederaufbau beteiligen kann. „Die Arbeit geht nur sehr langsam voran. Bei vielen lokalen Sendern muss erstmal geklärt werden, wer die Besitzer sind und ob sie überhaupt noch am Leben sind“, sagt Hendra Pasuhuk.

1000 batteriebetriebene Radiogeräte, die die DW gesammelt hat, werden am Sonntag mit einem Bundeswehrflugzeug nach Aceh geflogen. Sie sollen vorwiegend in den Flüchtlingscamps und in den Dörfern verteilt werden, wo möglichst viele Menschen erreicht werden können. „Mit einem funktionierenden Informationssystem hofft die Deutsche Welle, den Opfern zumindest die Hoffnung auf Verbesserung ihrer Lage geben zu können“, berichtet Sybille Golte–Schröder. Das Programm wird zweimal täglich 50 Minuten über Kurzwelle, Satellit und zusätzlich von lokalen UKW-Stationen ausgestrahlt. Die Deutsche Welle erreicht in Indonesien mehrere Hunderttausend Menschen über Radio und Fernsehen.

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