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 Sabine (Veronica Ferres) hat gehofft, dass Otto (Udo Wachtveitl) an ihrer Seite kämpfen würde. Doch er nimmt sie und ihr Anliegen nicht ernst.

© SWR

ARD-Thriller mit Veronica Ferres: Waffenhändler vor Gericht

„Meister des Todes 2“: Die Geschichte illegaler Exporte von Sturmgewehren nach Mexiko geht weiter.

„Kleinwaffen“: Der Begriff klingt auf geradezu obszöne Weise verharmlosend. Nach Angaben der UN sterben die meisten Menschen in bewaffneten Konflikten durch den Einsatz von Handfeuerwaffen und Sturmgewehren. Schätzungen gehen von jährlich hunderttausenden Todesopfern besonders in ärmeren Regionen der Welt aus.

Auch die deutsche Rüstungsindustrie mischt beim Export von Kleinwaffen mit. Wie man zum Beispiel Sturmgewehre nach Mexiko verkauft, obwohl dort die Polizei auf demonstrierende Studenten schießt, erzählte vor vier Jahren der Film „Meister des Todes“. Bevor er imFernsehen ausgestrahlt wurde, gab es im Bundestag eine Film-Vorführung für Abgeordnete. Beobachter notierten Applaus und zahlreiches Lob der Anwesenden. Drehbuch-Autor und Regisseur Daniel Harrich und sein Team erhielten für ihre Recherche einen Grimme-Preis.

Nun geht die Geschichte weiter. Wieder beziehen sich Harrich und Co-Autor Gert Heidenreich auf reale Ereignisse und auf die Geschäfte der schwäbischen Waffenschmiede Heckler & Koch. Im Februar 2019 waren zwei Geschäftsführer und ein früherer Vertriebsleiter vom Landgericht Stuttgart freigesprochen worden. Ein weiterer Ex-Vertriebsleiter und eine Mitarbeiterin waren zu Bewährungsstrafen, das Unternehmen zu einem Bußgeld von 3,7 Millionen Euro verurteilt worden. Sowohl die Verurteilten als auch die Staatsanwaltschaft sowie das Unternehmen selbst legten Revision ein, so dass der Fall vor den Bundesgerichtshof wandern wird.

In der fiktionalen Variante wird aus Heckler & Koch die Waffenschmiede HSW aus dem schwäbischen Hochdorf. Vor Gericht sucht HSW-Geschäftsführer Heinz Zöblin (Axel Milberg) seine Haut zu retten. Er gibt sich als „einfachen Juristen aus Rottweil“ aus, der nichts dafür kann, wenn sich die ausländischen Geschäftspartner nicht an Vereinbarungen halten.

Die „Endverbleibserklärung“, in denen behauptet wurde, dass die Waffen nicht in bestimmte Unruhegebiete Mexikos geliefert werden – eine Farce, um die Bedenken im Außenministerium auszuräumen. Mitangeklagt sind Otto Lechner (Udo Wachtveitl), Handelsvertreter in Mexiko, der ehemalige Vertriebsleiter Alex Stengele (Heiner Lauterbach) und Zöblins Büroleiterin Lisbeth Kraus (Barbara Philipp). Stärker als im ersten Teil rückt Veronica Ferres in den Fokus. Sie spielt Alex Stengeles Frau Sabine, die ihre Abscheu vorm Waffenverkäufer-Job ihres Mannes im Alkohol ertränkt und sich nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes aus Suff und Selbstmitleid befreit.

Im September 2014 starben sechs Studenten

Parallel zu den dynamisch erzählten Gerichtsszenen mit Désirée Nosbusch als Richterin kommt es in Mexiko zu dramatischen Ereignissen. Nach einer Protestaktion wird ein Bus mit Demonstranten gestoppt. Als Studenten den Bus verlassen und mit erhobenen Händen auf die Polizei zugehen, eröffnet diese das Feuer.

Als Scharnier zwischen den Welten fungiert eine neue Figur: Menschenrechtsanwältin Christiane Schuhmann (Katharina Wackernagel) ist als Beobachterin im Prozess anwesend und sucht mit Sabine Stengele in Mexiko nach Beweisen dafür, dass die Polizei das HSW-Gewehr gegen die Studenten eingesetzt hat.

Damit bezieht sich der Film auf einen realen Fall. Bei einem Angriff der Polizei im September 2014 starben sechs Studenten, 43 wurden festgenommen, sind seitdem verschwunden. Aus Prozessakten gehe hervor, berichtete ein Jahr später „Die Zeit“, dass drei Dutzend G36-Gewehre von Heckler & Koch bei dem Einsatz verwendet worden seien.

Wie im ersten Film gelingt es, die Mechanismen hinter den weiter steigenden Waffenexporten aus Deutschland offen zu legen und eine packende Geschichte zu erzählen. In Kombination mit einer anschließenden Dokumentation sorgen Harrich und Heidenreich in diesem ARD-Themenabend dafür, dass das Thema Rüstungsexporte eine breite Öffentlichkeit erreicht („Meister des Todes 2“, Mittwoch, ARD, 20 Uhr 15. danach: „Tödliche Exporte: Rüstungsmanager vor Gericht", ab 21 Uhr 45).

Auch wenn gerade die Coronakrise alles überschattet, ist das engagiertes, kritisches Fernsehen, wie man es sich häufiger wünscht. Schade nur, dass durchgehend synchronisiert wurde und alle Mexikaner fließend Deutsch sprechen. Wenn sich Deutsche und Mexikaner begegnen, gibt es keine Sprachbarrieren mehr. In einem Film, der den Opfern von Rüstungsexporten eine Stimme geben will, wirkt diese kulturelle Aneignung besonders deplatziert.

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