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Kolja vom Extremreisendenverband ETIC bei Terroristen in Kolumbien.

© © Drygas Film Production/Drygas Film Production

Arte-Doku über Kriegstouristen: Voyeure des Grauens

„Kannst du ein Foto von mir machen?“ Eine Arte-Dokumentation begleitet Touristen, die Urlaub in Kriegsgebieten machen.

Einschusslöcher an der Wand eines syrischen Folterkellers umzeichnen die Silhouette einer menschlichen Gestalt. Hier wurde jemand hingerichtet: „Kannst du ein Foto von mir machen?“, fragt Andrew und posiert am Ort des Grauens. Der 52-jährige Brite ist ein Bauunternehmer aus Surrey. Ein Haus, genügend Geld, Frau und Kinder reichen ihm nicht. Regelmäßig jettet er in Krisengebiete rund um den Globus. In der Garage hortet er Reisesouvenirs. Granaten und menschliche Knochen.

Andrew ist kein Einzelfall. Vita Drygas, Regisseurin aus Litauen, porträtiert in der Doku „Kriegstouristen – Gefahren inklusive“, (Arte Mediathek) eine Reihe wohlhabender Touristen, die dorthin reisen, wo Soldaten patrouillieren und jederzeit eine Autobombe detonieren kann.

Wir fuhren nach Bergkarabach, wo sich Armenier und Aserbaidschaner gegenseitig bekämpften. Es gab einen frischen Krater von einer Minenexplosion. Ich spürte, dass sich mein Leben ändern würde.

Aus dem Tagebuch eines Kriegstouristen

Ein Hobby für Männer? Nicht nur. Auch Eleonora, Übersetzerin aus Texas, zieht es in Krisengebiete. Die Kamera begleitet sie beim Flanieren durch Kabul. Kurz darauf gingen Bilder verzweifelter Afghanen durch die Welt, die sich an die Außenhaut einer startenden Passagiermaschine klammern.

Elendsvoyeurismus? Kriegstouristen selbst sehen das anders. Sie betrachten sich als „aufgeklärte Extremreisende“. Vertieft wird dieses moralische Thema nicht. Sehenswert ist die Dokumentation dennoch. Sie beleuchtet ein skurriles Geschäftsmodell. Das Leiden anderer Menschen – etwa in einem Flüchtlingscamp – wird für zahlungskräftige Kunden wie in einem Freilicht-Zoo ausgestellt.

WarZone Tours, ein Reiseveranstalter, der solche Stippvisiten in die Hölle organisiert, erhält zehn Anfragen pro Tag. Die Dokumentation blickt hinter die Kulissen findiger Tourismus-Agenturen, die ihre Kunden für 40 000 Dollar Krieg live spüren lassen. Reiseziele, die in den Nachrichten erwähnt werden, sind besonders angesagt. Das Geschäft brummt.

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