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Medien: „B-Klasse wäre Dieter Bohlen“

Nina Ruge hat das Glück, dass bei ihr immer alles gut wird. Ein Gespräch über „Leute heute“, runde Garagen und Gerhard Richter

Frau Ruge, Sie sagen am Ende von „Leute heute“ immer „Alles wird gut“. Stammt der Satz von Ihnen?

Diesen Satz verdanke ich der Sendung „heute nacht“. Damals habe ich mich regelmäßig mit einem „...und träumen Sie gut“ verabschiedet. Das musste ich natürlich immer dann weglassen, wenn ich gerade über Katastrophen oder Unglücke berichtet hatte. Aber dann riefen jedes Mal Zuschauer an und beklagten sich, dass sie ohne diesen Satz nicht einschlafen könnten. Als ich dann die Sendung „Leute heute“ startete, die Soft-NewsSendung, dachte ich mir, ich könnte mich ruhig noch ein wenig persönlicher verabschieden. Irgendwann waren dann diese drei Worte da: Alles wird gut.

Gehen Ihnen diese Worte nicht manchmal selbst auf die Nerven?

Nur wenn solche Fragen kommen wie die Ihre jetzt. Die meisten Zuschauer verstehen es schon richtig: als kleinen, optimistischen Gedankensplitter, der ein gutes Gefühl gibt und auch ausdrücken soll, dass es sehr vieles gibt, das wir nicht so furchtbar wichtig nehmen sollten. Uns selbst zum Beispiel.

Was bitte sind „Soft News“?

Weiche Nachrichten. Also Nachrichten jenseits von Wirtschaft, Politik und Sport. Mit anderen Worten Society, Entertainment, Lifestyle. Nicht lebensnotwendig, aber nice to have, wie wir in Bayern sagen. Und offenbar so interessant, dass jeden Tag bis zu drei Millionen Menschen einschalten. Wir sind vielleicht auch deshalb das erfolgreichste People-Magazin im deutschen Fernsehen, weil wir uns erlauben, in die journalistische Gewichtigkeit ein wenig Leichtigkeit unterzumischen. Und das ist schwer genug, ich sag’s Ihnen.

Wer kommt zu wem? Die Promis zu Ihnen oder Sie zu den Promis?

Ich würde sagen, man kommt zu uns. Weil wir den Ruf haben, fair zu sein. Deshalb ist es nicht wirklich schwer, Prominente vom Kaliber einer Anne Sophie Mutter oder eines Mario Adorf vor die Kamera zu bekommen. Ich würde aber nie behaupten, dass uns die Prominenten hinterherlaufen. Das entspricht nicht unserer Arbeitsweise. Die Prominenten sind unsere Partner.

Sie lassen sich nicht dreinreden?

Nein, auf keinen Fall. Wir haben uns sehr klare und unerschütterliche Regeln gesetzt. Product Placement zum Beispiel werden Sie bei uns nicht finden. Da machen wir keine Kompromisse.

Sind nicht Exklusivnachrichten auch das Salz in der Soft-news-Suppe?

Etwas exklusiv zu haben, ist gut und schön, aber damit allein steht und fällt eine gut gemachte Nachrichtensendung nicht. Aber natürlich sind wir froh, wenn wir sehr persönliche Homestorys haben von Al Bano bis Maximilian Schell.

Frau Ruge, wann werden wir die ersten rosa Häuschen mit weißen Pünktchen sehen, von Ihnen gebaut?

Ja, das waren die wahrhaft kreativen Fantasien. Frank O’Geary hat mir gesagt, er hätte die Ingenieure, die das bauen könnten. In meinen sehr jungen Jahren wollte ich Architektin werden. Und da habe ich rosa Häuschen mit weißen Pünktchen entworfen. Und runde Garagen. Oder sagen wir besser: gezeichnet. Denn damals war ich gerade mal sechs Jahre alt.

Frau Ruge, Ihre Kollegin Petra Gerster hat gerade ein Buch zum Thema Altern veröffentlicht, auf dessen Rücken die Frage offen bleibt: „Gelassen älter werden, aber wie?“ Können Sie uns weiterhelfen?

Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich – je älter, umso gelassener wurde.

Sind Sie dabei auch anspruchsvoller geworden?

In mancher Hinsicht ganz im Gegenteil. Meine Definition von Glück zum Beispiel ist mit den Jahren immer schlichter geworden. Ich meine das Gefühl, sich in großer Dankbarkeit lebendig zu fühlen.

Sie sagen von sich selbst, ein nach Harmonie strebender Mensch zu sein. Ihr Lieblingsmaler ist Gerhard Richter. „Alles wird gut“ und ein Künstler, der nicht unbedingt als Harmonie- und Glücksmaler bekannt ist – wie passt das zusammen?

Können Sie sich vorstellen, dass es Menschen gibt, die einen Maler wie Gerhard Richter wegen seiner genialen Stilvielfalt grandios finden, ohne zugleich das Bedürfnis zu haben, in die ganze Tiefe und Schwere seiner Malerei einzutauchen – und die trotzdem nicht alles durch die rosarote Brille sehen?

Sie moderieren mit einer ausgesprochen weichen Stimme. Als wollten Sie uns Harmonie geradezu einflüstern. Kalkül?

Meine Stimme spiegelt die Haltung, in der ich die Sendung mache: Ich versuche authentisch zu sein. Unsere Thematik ist nicht tough. Da wäre Dramatik, auch in der Stimme, völlig unangebracht.

Manche nehmen uns die Butter vom Brot. Sie geben sie uns zum Brot dazu.

Nö, und ich möchte auch niemanden einseifen. Ich möchte entspannt und, ja, ehrlich die Themen präsentieren, von denen wir meinen, dass sie die Themen des Tages sind.

Sie sagen gerne „wir“, oder?

Und das ganz bewusst. Wir sind ein Team und wir arbeiten im Team. Wenn Sie glauben, ich wäre die „Queen“ von „Leute heute“, dann muss ich Sie bitter enttäuschen. Das verhält sich sehr anders.

Wie immer. Schade. Aber Sie können uns sicher verraten, wer prominent ist und wer nicht.

Es gibt A-, B- und C-Prominente. Wir haben allerdings das große Glück, uns vorwiegend mit der Kategorie A beschäftigen zu dürfen. A bedeutet Menschen, die Herausragendes geleistet haben, als da zum Beispiel das Team hinter dem Film „Das Leben der Anderen“ wäre. B-Klasse wäre Dieter Bohlen, wenn mal wieder bei ihm eingebrochen wird. Unter C-Klasse verstehen wir die Zuchtperlen der Unterhaltungsindustrie, die meist eine sehr überschaubare Halbwertszeit haben.

Sind Sie A-Klasse?

Auf keinen Fall. Über mich gibt es nicht viel zu berichten. Ich bin nicht im klassischen Sinn prominent, vielleicht populär, aber auf keinen Fall mehr.

„Ich habe natürlich Fehler gemacht, aber ich schäme mich nicht dafür“: Haben Sie das wirklich gesagt?

Habe ich. Sie noch nie?

Würden Sie uns einen Ihrer Fehler verraten?

Es kam schon mal vor, dass sich in meine Moderationen kleine sachliche Fehler eingeschlichen hatten. Aber an eine gravierende Fehlleistung kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern.

Sie Glückliche. Dann können Sie ja ganz unbelastet in Ihren neuen Job gehen. Günther Jauch hat abgesagt, Frank Plasberg drängt sich so sehr auf, dass er es auf keinen Fall werden kann, bleiben nur noch Sie: die neue Miss Christiansen.

Sie scherzen. Sie wissen doch, dass auf der Schublade Ruge ganz dick „Boulevard“ draufsteht. Was ich vorher gemacht habe, interessiert doch keinen.

Also keine ARD. Dann müssen Sie also weiter versuchen, Ihrem Motto treu zu bleiben: versuchen, jeden Tag glücklich zu sein.

Ich zitiere Ihnen jetzt zwei meiner Lieblingssprüche, die hängen beide an der Pinnwand hier in meinem Büro im ZDF. Der eine hängt hier seit einem halben Jahr, seit ich mich entschlossen habe aufzuhören: „Der größte Schritt ist der aus der Tür.“ Der zweite geht so: „Die Erde ist angefüllt mit Himmel.“ Das trifft mein Lebensgefühl haargenau: Dass es ein herrliches Gefühl ist zu leben. Lassen Sie mich zum guten Schluss Edith Stein zitieren: „Freude ist ein Zeichen, dass man dem Lichte nahe ist.“

Wir haben verstanden. Nach der Sendung am 3. Februar ist erst mal Pause. Und was kommt dann?

Eine meiner Maximen lautet: Sich häuten und weiter gehen. Zurück führt der Weg jedenfalls nicht. Wir denken nach. In Richtung Talk oder Magazin. Ich könnte mir sehr gut eine Sendung vorstellen, in der es um Werte und um Orientierung geht. Aber Sie müssen sich um mich keine Sorgen machen: Ich komme, wenn es sein muss, auch sehr gut ohne Fernsehen aus.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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