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Medien: Bum-Bum-Bilder sind gefragt

Peter Scholl-Latour: Arnetts Rauswurf beim US-Network NBC ist ein Zeichen für das „Klima der Intoleranz“ in Amerika

PETER SCHOLLLATOUR, 78, war Kriegsreporter und Korrespondent. Heute ist der Journalist der meistbeschäftigte Irak-Experte Deutschlands. Mit ihm sprach Joachim Huber.

Foto: dpa

Herr Scholl-Latour, würden Sie mit dem irakischen Fernsehen sprechen?

Ja, sicher. Ich würde denen nicht sagen, Saddam Hussein ist der Größte, aber natürlich würde ich sagen, dass der Kriegsverlauf anders ist, als alle erwartet haben. Nichts anderes hat Arnett getan.

Was hat er dann falsch gemacht?

Seine Berichterstattung im ersten Golfkrieg hat ihm zwar Ruhm, aber auch eine tiefe Feindschaft in gewissen Kreisen der amerikanischen Politik und Publizistik eingebracht, weil er eben auch Leichen gezeigt hat. Ich erinnere nur an die Bombe, die in den Amariya-Bunker eingeschlagen ist und ein paar hundert Leute getötet hat. Ich war damals in Amman und habe erlebt, dass nach diesen Bildern die öffentliche Stimmung gegen die USA kippte. Das hat man Arnett in Amerika sehr übel genommen. Er hätte das Klima der Intoleranz, das jetzt vorherrscht, miteinkalkulieren müssen. Während des Vietnamkrieges wäre ihm wahrscheinlich nichts passiert.

Nun werden die Iraker Aussagen von Arnett bestimmt propagandistisch ausnutzen.

Ich bin weiterhin der Meinung, dass in unserem Metier das Aussprechen der Wahrheit, die objektive Schilderung einer Situation immer angebracht ist. Meine Erfahrung lautet: Wenn man in Ländern mit restriktiver Pressepolitik ganz offen auch über die Probleme in Europa oder in der Allianz spricht, dann beeindruckt das die Interviewpartner viel mehr, als wenn man alles schönredet.

Werden Sie von US-Kollegen befragt?

Nein, ich stehe bei denen ja auch nicht in deren Geruch der Heiligkeit. Aber da bin ich kein Einzelfall: Bundeswehr, Regierungsebene, die Nachrichtendienste werden auch nicht gefragt. Früher wurde ich in amerikanischen Botschaften vorzüglich informiert.

„Embedded journalism“, eingebetteter Journalismus: Ist das der Journalismus, den die Amerikaner, die amerikanischen Medien von ihren Journalisten erwarten?

Erwartet wird PK.

PK?

So hießen die Propaganda-Kompanien im Zweiten Weltkrieg. Auf die heutigen Medien, aufs heutige Fernsehen übertragen: Die journalistische Berichterstattung wird auf Bum-Bum-Bilder reduziert. Das Wunder ist doch: Dass ich in dieser Freiheit in Deutschland berichten darf.

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