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Kritik der Kritik: „Bunte“-Chefin Riekel weist Künast auf Aufgaben der Presse hin

Es gehöre zur journalistischen Aufgabe der Presse, Diskrepanzen zwischen dem gewünschten Image eines Politikers und seinem tatsächlichen Verhalten aufzudecken, sagte die Chefredakteurin des People-Magazins.

Renate Künast hatte die Recherchemethoden der Illustrierten „Bunte“ im Privatleben deutscher Spitzenpolitiker scharf kritisiert und eine Entschuldigung von Verleger Hubert Burda verlangt. Auf die Vorwürfe der Fraktionschefin der Grünen im Bundestag hat am Dienstag „Bunte“-Chefredakteurin Patricia Riekel mit einem offenen Brief geantwortet. Riekel wirft Künast darin vor, „sich auf eine höchst fragwürdige Veröffentlichtung zu stützen“ (gemeint ist der „Stern“) und zudem „die Aufgabe der Presse zu verkennen“. Zur journalistischen Aufgabe gehöre, durch Berichte über Politiker zur Meinungsbildung beizutragen, dazu gehöre auch die Aufdeckung von Diskrepanzen zwischen dem gewünschten Image eines Politikers und seinem tatsächlichen Verhalten. „Das Sozialverhalten von Leitfiguren ist ein Thema für die Gesellschaft“, schrieb Riekel.

Die Chefredakteurin wird anschließend grundsätzlich, was die Aufgaben der Politiker und was die Aufgaben der Presse sind. Die Öffentlichkeit und insbesondere die potenziellen Wähler hätten ein Anrecht auf gründliche Informationen über die Politiker, „die mit großem Aufwand an Selbstdarstellung um Vertrauen werben, weil sie die Gesetze und Regeln unseres Zusammenlebens bestimmen möchten“. Zu den Aufgaben der Presse, schrieb Riekel, gehört es, zu überprüfen, ob die Politiker das Vertrauen verdienen, „um das sie uns alle bitten“. Eine große Zahl von Politikern erfülle diesen Anspruch der Vorbildfunktion, weil ihre tatsächliche Haltung in der Öffentlichkeit mit ihrem Privatleben übereinstimme. Sollten die „Bunte“ aber Hinweise und Informationen erreichen, dass Politiker die Öffentlichkeit und die Wähler in moralischer Hinsicht täuschten, „werden wir dies recherchieren“. Wenn sich Informationen nicht bestätigen oder sich nicht verifizieren ließen, berichte „Bunte“ nicht.

Riekel unterscheidet zwischen der „Intimsphäre“ eines Politikers – die absolut geschützt bleibe – und dessen „Privatsphäre“, in der recherchiert werden dürfe. Die Chefredakteurin beruft sich dabei auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts. Wer heute fordere, die Bevölkerung solle ihre Wahlentscheidung gefälligst anhand der Parteiprogramme treffen und sich für die Persönlichkeiten, die zur Wahl stehen, nicht interessieren, argumentiere an der vom Politikbetrieb selbst geschaffenen Realität vorbei. Von der CSU bis zu den Grünen, praktisch alle Spitzenpolitiker wollen laut Riekel „menschlich“ wahrgenommen werden.

Zur Zusammenarbeit mit der umstrittenen Agentur CMK schrieb Riekel, sollte einer der erhobenen, aber bislang unerwiesenen Vorwürfe zutreffen, „würden wir uns von der Agentur distanzieren“. An Künast direkt adressiert: Die „Kontrollfunktion der Presse lässt sich die Bunte, aber auch die gesamte deutsche Presse, nicht von Ihnen nehmen.“ jbh

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