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Medien: Danke, Schiri

Wie die Wettzeitungen den Wettskandal behandeln

Von Barbara Nolte

„Danke, Hoyzer!“, schreibt Erik Hülbüsch. Das wäre, schränkt er ein, natürlich „pure Ironie“: „Dennoch liegt in diesem Skandal auch die Chance, das Wettgeschäft in Deutschland strenger zu überwachen.“ Sein Kollege Robert Tauber fordert, dass die „Ziele der Gesetzgeber im Bereich Wetten (Schutz des Sportes und der wettbegeisterten Sportfans) endlich effektiv“ umgesetzt werden müssten.

Hülbüsch und Tauber haben zum Wettskandal Leitartikel von einer ganzen Seite geschrieben. Für die beiden ist es eine ungewohnte journalistische Stilform. Wenn sie normalerweise ihre Meinung äußern, dann geht es um die Form von Arminia Bielefeld oder Bayern München. Vor allem aber besteht ihre Arbeit darin, Tabellen zusammenzutragen: über Siege, Niederlagen, Tore und Gegentore in Heim- und Auswärtsspielen. Sie sind die Chefredakteure von „tipp mit“ und „Sportwetten“, von Wochenzeitungen, die sich ausschließlich mit Sportwetten befassen. Normalerweise fristen die Hefte ein bescheidenenes Dasein in den hinteren Kioskreihen, in der ganzen Aufregung um den Wettskandal aber fällt auch ihnen ein bisschen Aufmerksamkeit zu.

„tipp mit“ ist der Marktführer. 1956 gegründet, als begleitendes Informationsblatt zum deutschen Fußball-Toto. Das Heft erscheint im Deutschen Sportverlag in Köln, der auch eine Schwesterzeitschrift extra für Pferdewetten namens „Sportwelt“ herausgibt.

Chefredakteur Erik Hülbüsch ist ein Routinier. Bereits 1975 hat er im Verlag volontiert. Seitdem er dabei ist, schwand die Auflage von „tipp mit“. Das lag vor allem daran, dass die Bedeutung des Fußball-Totos schwand. Es wurde den Leuten zu langweilig. 1999 wurde es ganz abgeschafft. Das war die Rettung für „tipp mit“, denn stattdessen wurde der staatliche Sportwettenanbieter Oddset gegründet, der verschiedene Wetten-Varianten zu Spielen in vielen Sportarten in ganz Europa im Programm hat. „Wir kennen uns aus im finnischen Eishockey und in Frankreichs zweiter Fußballliga“, sagt Erik Hülbüsch, „das ist unsere Stärke.“ Wahre Statistik-Orgien liefern Hülbüsch und seine beiden Kollegen zu allen 90 in Oddset- Wetten relevanten Spielen.

Die Umsätze der Sportwetten wuchsen in den vergangenen Jahren gewaltig – 600 bis 700 Millionen sollen allein die Fußballwetten erzielen. Die Auflage von „tipp mit“ wuchs langsam mit auf 80 000.

Aber erst einmal musste „tipp mit“ einen Konkurrenten loswerden: Der „Kicker“ brachte im Jahr 2000 die Tochter „Wett“ mit einer Startauflage von 100 000 auf den Markt. Nach einem halben Jahr wurde „Wett“ wieder eingestellt.

Seit anderthalb Jahren gibt es jetzt das Heft „Sportwetten“. Im Gegensatz zur Zeitung „tipp mit“, die nur über die staatlichen Oddset-Wetten berichtet, informiert „Sportwetten“ über alle Sportereignisse, auf die man in Deutschland Geld setzen kann. Chefredakteur Robert Tauber, ehemaliger Premiere-Redakteur, glaubt, dass bald das deutsche Wettmonopol falle. Dann sei seine Zeitung im Vorteil. Dann greife auch, so hofft er, die englische Wettkultur auf Deutschland über, und „Wetten verlieren ihr hierzulande etwas verruchtes Image“.

Der Fußball-Skandal wird zur Imageverbesserung sicher nicht beitragen. Die Wettbüros beklagen jetzt schon sinkende Umsätze. „Das war doch schon vorher so“, sagt Hülbüsch von „tipp mit“. Hülbüsch glaubt, dass sich der kleine Wetter seine Leidenschaft nicht nehmen lasse. Außerdem sei die klassische Oddset- Wette relativ sicher vor Manipulationen. Es muss um den Ausgang von mindestens drei Spielen gewettet werden, darunter seien viele Bundesliga-Partien. Schiebung sei ein Problem der unteren Ligen. „In den großen Ligen passiert nichts. Dort wird genug Geld verdient.“

Auch Hülbüschs Leser nehmen den Skandal offenbar gelassener als der Rest des Landes. Kein einziger hat in der vergangenen Woche in seiner Redaktion angerufen.

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