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Medien: „Das ist komplett überflüssig“

Uwe Ochsenknecht über das Schulsystem, seinen Verweis und Elternabende

Herr Ochsenknecht, warum sind Sie vor dem Abi von der Schule geflogen?

Ein Grund war sicher das dröge Schulsystem, diese trockene Art und Weise, Wissen zu vermitteln, das niemand interessiert. Außerdem war ich schon mit 14, 15 Jahren sehr mit Theater beschäftigt. Wenn man so will, war ich dadurch von der Schule abgelenkt, andererseits hat mich das Theaterspielen auf das Wesentliche gebracht.

Hatten Sie starke Konflikte mit Lehrern?

Sicher. Ich war ja auch deswegen so wenig motiviert, weil ich etwas gefunden hatte, was mir Spaß machte, was ich wirklich lernen wollte. Und dann sitze ich da im Unterricht, in dem irgendwelche Formeln an die Tafel gemalt werden, von denen ich nicht einsehe, warum ich sie lernen sollte.

Gab es auch Lehrer, die Sie unterstützt haben?

Ja, der Kunstlehrer zum Beispiel. Der kam und sagte: „Du willst also Schauspieler werden. Wie geht’s dir dabei, wie machst du das?“ Da hatte ich das Gefühl, es interessiert sich auch mal einer für mich, für das Individuum. Sonst musste man nur immer abliefern. Noten, Noten und wenn nicht, dann blauer Brief und so weiter. So kann man doch nicht lernen.

Sind Sie wie Gustav Kilian im Film der Meinung, dass Noten komplett überflüssig sind?

Ich finde das ganze System komplett überflüssig. Schule sollte Wissen vermitteln über das Leben an sich. Sie sollte etwas über unsere Welt erzählen, unser Umfeld. Und zwar auf eine Art, die neugierig macht. Die Kids sind ja eh schon neugierig. Da kann es doch nicht so schwer sein, diese Neugier zu nutzen, indem man sie ausweitet und befriedigt. Auf Talente und Neigungen der Kinder einzugehen und sie in Zusammenarbeit mit den Eltern zu fördern, das findet ja nicht statt. Da wird über einen Kamm geschoren: „Den Schnitt brauchst du, und wenn du den in Physik nicht kriegst, musst du ihn dir eben in Chemie holen.“ Keiner weiß, warum, wieso. So fängt das Drama schon mal an.

Was erleben Sie da mit Ihren zwei schulpflichtigen Kindern?

Wir haben glücklicherweise die finanziellen Mittel, sie auf eine Waldorfschule schicken zu können. Da sind sie jetzt seit drei Jahren und fühlen sich sehr wohl. So früh sind sie zwar noch nie im Leben aufgestanden, aber das machen sie gerne. Um sechs Uhr klingelt der Wecker, eineinhalb Stunden Schulweg, zweimal umsteigen. Doch so, wie wir die Schule jetzt kennen, haben wir das Gefühl, dass sie sehr gut für sie ist. Dort wird individuell auf sie eingegangen und auch die Seele gepflegt. Aber was machen die Familien, die sich das nicht leisten können? Die sind diesem System ausgeliefert.

Gehen Sie zu Elternabenden Ihrer Kinder?

Meine Frau und ich wechseln uns je nach Verfügbarkeit ab. Außerdem sind die Elternabende an der Waldorfschule ziemlich turbulent und deswegen nicht so dröge wie an anderen Schulen. Eine Waldorfschule ist ja eine Genossenschaft. Das heißt, auch die Eltern sind ein Teil der Schule. Deswegen hat keiner ein schlechtes Gewissen, den Mund aufzumachen. Es werden auch Lehrer wegen ihres Unterrichts kritisiert.

Und Ihr Status als bekannter deutscher Schauspieler?

Ist unerheblich. Das ist sehr angenehm, vor allem für die Kinder. Alle wissen, was ich mache, aber das spielt keine Rolle.

Was gab für Sie letztlich den Ausschlag, an diesem Film mitzumachen?

Dass das Thema mal wieder aufs Tablett kommt. Egal, wie das jetzt erzählt ist, aber man muss einfach immer wieder darauf aufmerksam machen. Darum finde ich den Programmschwerpunkt zum Thema Schule, den das ZDF in dieser Woche ansetzt, sehr gut.

Werden Ihre Kinder den Film anschauen?

Meine Kids warten nicht gerade auf die Filme von mir, aber wenn es sich ergibt, werden sie sicher schauen. Aber der Film wird ja nicht wirklich aus Sicht der Jugendlichen erzählt. Die stecken ja mittendrin. Schule ist ein einziger Stressfaktor. Das hat sich so etabliert. Und man hofft, einigermaßen heil da rauszukommen. Nur heutzutage ist es ja noch viel schlimmer als früher: Was will man noch mit einem Einserabitur? Damit kann man nicht mal mehr Medizin studieren. Dafür zehn, zwölf unglückliche Schuljahre? Man müsste in Deutschland viel mehr Geld ausgeben für experimentelle Schulprojekte, für Studien, um herauszufinden, was die optimale Schule ist. Es geht doch darum, Talente zu entdecken, Lust aufs Leben zu machen. Der eine bastelt, der andere mag Sprachen oder malt oder schraubt am Auto rum. Dann muss man das eben fördern. Das wär’ was!

Das Interview führte

Simone Schellhammer.

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