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Ein lockerer Typ in angespannter Lage. Jan (Lucas Gregorowicz), Ex-Frau Serafina (Clelia Sarto) und Tochter Mia (Bianca Nawrath).

© ARD Degeto/ Daniela Incoronato

Degeto-Komödie: Der Hang zum Honk

Familie in Italien: Eine TV-Komödie ist besser, als ihr Titel befürchten lässt. Die Fernsehunterhaltung macht Fortschritte.

Ein weißer Fiat, italienische Polizei, Geschwindigkeitskontrolle auf einer Straße über der Amalfi-Küste. Zu schnell: Ein deutsches Paar mit halbwüchsiger Tochter. Aufgeregtes Radebrechen – die Familie ist hinter einem Mann her. Der sei ein Verlobter der Frau. Wie bitte? Der Polizist versteht nicht, der Zuschauer auch nicht. Prolepse nennt man solche dramaturgischen Vorgriffe bis kurz vor dem Ende. Von nun an springen wir zurück, und dann geht es Schritt für Schritt voran bis zu dem Kontrollgezeter. Aber was heißt schon gehen in dieser Komödie im Lamborghini-Tempo?

Die Geschichte beginnt bei Vater Jan in Deutschland, einem Klavierbauer (Lucas Gregorowicz). Ein lockerer Typ in angespannter Lage. Die Ehe mit Serafina, der Geigerin (Clelia Sarto), ist seit vielen Jahren äußerlich auseinander, das Band der Vorwürfe dafür immer fester geworden. Dann ist da noch Herr Kunkel (Holger Kunkel), der Gerichtsvollzieher, der den supertollen Flügel pfänden will und sich eine dreitägige Fristverlängerung abringen lässt, weil Jan das Instrument in Italien abzuliefern verspricht und dazu ergreifend die Tasten drückt.

Das wiederum beruhigt Karin (Traute Hoess), die Buchhalterin, nicht so wie Herrn Kunkel, weil sie, die sich im Ruhestand auf eine angenehme Nebentätigkeit gefreut hatte, ihrem klammen Chef mit Euroscheinen aushelfen muss. Fast vergessen: Stefanie (Johanna Christine Gehlen), junge Freundin Jans, die ein Nest mit ihm, dem Zauderer, bauen will und gerade eine Wohnung gekauft hat.

Weiteres Ungemach naht. Mia (Bianca Nawrath), Jans und Serafinas gemeinsame Tochter, kommt unangekündigt. Der Königin-der-Nacht- Auftritt, wie ihn Teenagerinnen, besonders Töchter getrennter Eltern, nun mal hinlegen: Vorwurf auf zwei Beinen. Der Schnellerhitzer Pubertät kocht alles auf. Rache im Herzen, kindliche List, Mitleidserregung. Bequem sind Mias nicht, billig auch nicht.

Das teure Kind bricht den Schlüssel zu Jans Klavierwerkstatt im Schloss ab. Der Schlüsseldienst reduziert die Geldscheine, die Jan von Buchhalterin Karin bekam. Mia, die bisher bei ihrer Mutter lebte, ist ausgezogen, weil die Geigerin Einar (Tim Bergmann) kennengelernt hat, einen Bundesrichter oder, wie Mia sagt, „einen Juristen mit eingebauter Spaßbremse“. Außerdem schimpft die Tochter über „Honks“, womit sie wohl den Vater und auch ihren untreuen Freund meint und diese abwertende Bezeichnung mit „Hilfskräfte ohne nennenswerte Kenntnisse“ übersetzt. In Sachen Beziehung also gilt das Wort mindestens für die halbe Menschheit.

Italien, nie lockte der Stiefel mehr

Und jetzt steht auch die Mutter Serafina mit der Spaßbremse Einar vor der Tür, um Jan Vorwürfe zu machen und um ihm, dem Beziehungs-Honk, zu eröffnen, dass sie die Tochter zurückhaben will und den ob der postfamiliären Heftigkeiten erschrockenen Einar (köstlich: Bergmann) heiraten werde. Italien, nie lockte der Stiefel mehr.

Aus Jans Auslieferungstour wird allerdings keine Lusttour. Die Tochter fährt mit. Ungebeten folgen Freundin Stefanie, Ex-Frau Serafina samt Richter Einar und stellen sich im italienischen Amalfi-Hotel ein. Karin, die treue Seele, schimpft von Deutschland aus über zu spät kommendes Geld für Herrn Kunkel. Mia tröstet sich mit dem Sohn der Hotelbesitzerin, Jan kann Entscheidendes verhindern. Wasserski wird trotz des Stress gelernt, der transportgeschädigte Flügel meisterhaft repariert. Der mit dem Instrument beschenkte Opa ist zufrieden, der Zuschauer auch.

Denn er sieht: Die Fernsehunterhaltung macht Fortschritte. In den alten Zeiten, als die Degeto – sie hat diesen Film bei der Saxonia Media Filmproduktion in Auftrag gegeben– noch unerbittlich auf den Wegen der Moral schritt und zusammenklebte, was angeblich zusammengehörte, damit das Happy-End-Geläute ertönte, wäre solch eine Feier der Liebesfreiheit, wie sie hier geschrieben und inszeniert wurde, nicht möglich gewesen. Man hätte mitsingen können, wie sich das Beziehungskuddelmuddel vor dem Altar zu Süßstoffklebe verdichtet.

Steurers Inszenierung ist elegant, sein Tempo atemberaubend. Die Schauspielerinnen nerven lustvoll, die Männer honken sich hilflos zusammen, nennenswert werden ihre Kenntnisse wohl nie werden. Aber Eifersucht und Zerstörung sind nicht das letzte Wort der Herren.

Die Vorgriffsszene des Anfangs wird verständlich. Der Bundesrichter von den Geschwindigkeitsübertretern eingeholt. Die postfamiliäre Familie lässt niemanden fallen.

„Papa hat keinen Plan“, Freitag, ARD, 20 Uhr 15

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