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Medien: Der lächelnde Terrier

Neue Türken-Sitcom – mit Viva-Moderatorin Gülcan

Die Arkadas. Das sind Nachbarn, die sich jeder wünscht. Vor Jahrzehnten aus der Türkei gekommen, wohnen sie im Idyll eines noblen Fertighauses, und von Deutschen unterscheidet sie nur, dass sie ihre Probleme ein wenig emotionaler, turbulenter, herzlicher, lustiger lösen. Und dass sich Sohn Jimmy beschneiden lassen muss. Erst dann bekommt er das Mercedes-Cabrio seines Großvaters geschenkt. Und da ist dann noch Jimmys Schwester Leyla, die zum Beschneidungsfest ein Chanel-Kostüm geschenkt bekommt. Die Arkadas haben Geld. Gülcan Karahanci, im Hauptberuf Viva-Moderatorin, spielt die Leyla. „Eine witzige Figur, sehr chaotisch“, sagt sie. „Passt gut zu mir“. Eine solche Tussi zu spielen, der es nur um Klamotten und Make-up geht, habe „für einige Wochen echt Spaß gemacht“.

Im Berliner Viva-Studio sieht Gülcan Karahanci so aus, als ob sie mit Leyla den Hang zu exklusiven Klamotten und Make-up teile. Sie trägt ein bauchfreies gelbes T-Shirt mit dem Aufdruck „Lust for Life“, dazu gelbe Pumps. Noch eines haben Gülcan und Leyla gemeinsam: türkische Eltern. Doch wer Gülcan Karahanci als Vorzeige-Deutschtürkin darstellen will, der gelangt schnell an seine Grenzen. Zwischen den Kulturen habe sie sich noch nie hin- und hergerissen gefühlt. „Bei uns zu Hause könnte man meinen, man sei bei den Müllers.“ Als Vorbild speziell für türkische Mädchen will sie sich nicht sehen. „Ich sage nie, dass jemand sein Leben so leben soll wie ich, das muss jeder für sich selber herausfinden.“

Die Sitcom „Alle lieben Jimmy“ startet zu einem Zeitpunkt, zu dem in Deutschland nach dem Ehrenmord an Hatun Sürücü und dem Hilferuf der Rütli-Schule aus Neukölln vor allem die gescheiterte Integration der Türken in Deutschland diskutiert wird. In der ARD lief vor einigen Wochen – mit mäßigem Erfolg – die Vorabendserie „Türkisch für Anfänger“, die das Leben zwischen zwei Kulturen ebenfalls mit Humor nahm.

Taugen Fernsehserien als Mittel zur Integration? Was glaubt Gülcan Karahanci? „Die Integration der Türken ist doch so weit abgeschlossen, dass bei einer Sitcom keiner mehr aus den Puschen fällt“, sagt sie. Überhaupt könne sie beim Thema Integration schwer mitreden. „Ich bin in Travemünde aufgewachsen, zwischen Kühen und Kurgästen. Ich habe keine Ahnung davon, wie es wirklich aussieht.“ Das einzig Türkische, das die Eltern Karahanci ihrer Tochter mitgegeben haben, ist der Name Gülcan. Lachendes Leben heißt das übersetzt.

Ein erfrischend ehrliches und unbedarftes Auftreten – damit hat Gülcan Karahanci großen Erfolg. Kein Viva-Moderator bekommt so viele Autogrammanfragen wie sie: zehn bis zwanzig am Tag. Die Teenager, die in ihrer Sendung „Viva Live“ zu Gast sind, mögen sie, „weil sie so viel quatscht“. Bei ihr gibt es keinen Punkt im Sprachfluss. Dann rutschen ihr live vor der Kamera Sätze heraus wie „Schöne Grüße an den lieben Papst da draußen“. Wo andere Moderatoren ihre Texte vom Teleprompter ablesen, sagt sie, was ihr gerade einfällt. Auch wenn ihr gerade einfällt, dass Magdeburg in Thüringen liegt. Der Lapsus passierte bei der Bambi-Verleihung. In solchen Momenten erinnert sie an die junge Verona Feldbusch. „Mir ist gar nichts peinlich, und solche Kleinigkeiten im Eifer des Gefechts schon gar nicht“, sagt sie. Sie selbst beschreibt sich als Jack-Russell-Terrier, „den man 80 Mal um den Block jagen muss, bis er eine Runde schläft.“ Sie braucht auch gute Kondition. Für ihren Viva-Job pendelt Gülcan Karahanci fünf Mal die Woche von Düsseldorf, wo sie wohnt, nach Berlin. Vielleicht kommen bald wieder die Dreharbeiten für eine zweite Staffel „Alle lieben Jimmy“ hinzu. Ihr wäre das Recht: „Ich mag Stress gerne.“

„Alle lieben Jimmy“; RTL, 21 Uhr 45

Dorothee Schmidt

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