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Medien: Der Originaltöner

Feature-Pate, „Prix-Europa“-Vater: Peter Leonhard Braun wird 75

Wortgewalt und Berliner Erdung, darin sind die beiden Radio-Brauns einander so ähnlich, dass man glaubt, dieser FeatureMann sei ein Sohn des Reporters Alfred Braun. Ist er aber nicht. Als Peter Leonhard Braun in Friedenau zur Welt kam, stand sein Vater als Portier vorm „Adlon“. Aufgewachsen ist Leo im „Restaurang“ seiner Mutter in der Knesebeck 4. Schularbeiten in der Gaststube, sich verzischen, wenn Kundschaft kam. Die gekreuzten Haken haben sie dann nicht erreichen können – die Jungs des Jahrgangs ’29. Die Pubertät im Luftschutzkeller zu erleben, hat ihnen eine Energie in die Vita geschrieben, die reicht bis heute: Kunert, Kempowski, Gaus. Braun studierte an der FU und schrieb über die „Soziologie des Rundfunks“, denn da wollte er hin. Die vier Musketiere des Features – Eggebrecht, Schnabel, von Zahn, Andersch – im Ohr, arbeitete Braun an einem eigenen Ton aus Berlin. Feature als „ein zappelndes, blutendes Stück Radio“.

Wer einmal das GeräuschCrescendo gehört hat, das in Brauns Hühner- Feature vom zaghaften Kratzen, mit dem sich ein Kükenschnabel von innen durch die Eierschale ritzt bis zum Getöse tausender Junghühner einer Legebatterie anschwillt, wird es nie wieder vergessen. Es folgten Features über „Catcher", „Hyänen“ und „Glocken in Europa“.

Nach 20 Jahren als freier Hörfunk-Autor, hat Braun dann von 1974 bis ’94 in Festanstellung das SFB-Feature geleitet. Als Organisator des „Prix Europa/Prix Futura“ profiliert er seit 1979 das Haus des Rundfunks an der Masurenallee zu einem Forum europäischer Programm-Kompetenz.

Der 5. Musketier führt seine Klinge inzwischen für Europas Kulturwellen und hat mit Hilfe der EBU im letzten Jahr einen Radiotag mit 94 Stationen aus 40 Ländern zusammengetrommelt – von Radio d’Andorra bis Natsionalna Radiokompanya Ukrainy. Für ihn vertrautes Terrain, denn P. L. Braun ist schon nach Warschau gereist, als der Russe noch „Sowjetmensch" hieß. Er ist ein deutscher Europäer und einer der europäischsten Deutschen.

„Acht Uhr 15, OP III: Hüftplastik“, ein Originaltonfeature von Peter Leonhard Braun, um 22 Uhr 05 im Kulturradio.

Matthias Thalheim

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