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Medien: Die Drei von der Talk-Stelle

Von Corinna Budras und Joachim Huber Harald Schmidt hat Johannes B. Kerner heftig kritisiert wegen der Kerner-Spezialsendung zum Amoklauf in Erfurt am 3.

Von Corinna Budras

und Joachim Huber

Harald Schmidt hat Johannes B. Kerner heftig kritisiert wegen der Kerner-Spezialsendung zum Amoklauf in Erfurt am 3. Mai. Das ZDF glaubt, der wirkliche Grund sei Schmidts Neid auf Kerners Erfolg. Gibt es dazu einen Grund? Sind die jeweiligen Sendungen überhaupt vergleichbar? Beide Sender, das ZDF für Kerner und Sat 1 für Schmidt, betonen die Unterschiede im Konzept und beim Publikum. Was auf jeden Fall vergleichbar ist: Beide senden an vier Tagen in der Woche, in direkter Konkurrenz stehen sie von Dienstag bis Donnerstag. Und da ist noch ein Dritter im Bunde: Stefan Raab mit „TV total“ bei Pro 7.

Christian Pricelius von der Sat-1-Kommunikation reklamiert für Schmidt das Prädikat „Late-Night-Comedian“, das sei ein himmelweiter Unterschied zum klassischen Late- Talker Johannes B. Kerner. Außerdem habe Schmidt ein „Luxuspublikum“: hochgebildet, akademisch, gut verdienend, „ein sehr seltenes Publikum, das diese Fernsehsendung sehr aufmerksam und konzentriert verfolgt“. Solche Einzigartigkeit belohnt die Werbewirtschaft mit exklusiver Zuwendung, auch wenn die „Schmidt-Gemeinde“ zahlenmäßig nicht überragend ist. Im Schnitt saßen von Januar – in diesem Monat startete die Kerner-Show ihre viermal wöchentliche Ausstrahlung – bis Ende April um die 1,15 Millionen ab 23 Uhr 15 vor dem Sat-1-Schirm, um die „Harald Schmidt Show“ zu verfolgen. Tendenz fallend: Von 1,21 Millionen im Januar fällt die Kurve auf 1,1 Millionen im April. Kein anderer Trend zeigt sich bei den 14- bis 49-Jährigen: Im Januar waren es im Schnitt 720 000 Zuschauer, im April nur mehr 650 000. Doch ein Grund für Schmidt, nervös zu werden und den zeitgleich laufenden Kerner madig zu machen?

Die „Johannes B. Kerner Show“ bewegt sich im Quoten-Zickzack. Im Premiere-Monat Januar lag der ZDF-Talker bei über zwei Millionen Zuschauern, dann ging es bergab auf 1,48 Millionen im März. Um im April wieder auf 1,6 Millionen zu klettern.

Sehr deutlich unterscheiden sich die Zielgruppen der beiden Sendungen. Das Kerner- Publikum kommt dem durchschnittlichen ZDF-Publikum gleich: Zwei Drittel der Zuschauer sind über 50 Jahre alt, während die „Harald Schmidt Show“ ein deutlich jüngeres Klientel erreicht. „Hier zeigt sich“, sagt Andreas Thiemann von der Sat-1-Kommunikation, „dass sich beide Sendungen keine Zuschauer wegnehmen“.

Eine echte Konkurrenz für Harald Schmidt stellt nur Stefan Raabs „TV Total“ dar. Zwar stehen die beiden in keinem direkten Wettbewerb: Das liegt nicht nur an ihrem unterschiedlichen Niveau, sondern auch daran, dass Raab von Montag bis Donnerstag schon um 22 Uhr 20 auf dem Pro-7-Bildschirm erscheint. Schmidt beginnt erst eine Stunde später. Dennoch haben die beiden Comedy- Formate durchaus Ähnlichkeiten und könnten von einem vergleichbaren Publikum eingeschaltet werden. Wohl deshalb hatte Schmidt böse Sprüche in Richtung Raab abgelassen, als „TV Total“ im Februar 2001 auf vier Ausgaben pro Woche umgestellt wurde.

Eine Gemeinsamkeit teilen Raab und Schmidt auf jeden Fall, und das ist der Abwärtstrend der Quote. „TV Total“ leidet unter abnehmender Zuneigung. Im Januar schalteten noch 1,68 Millionen Zuschauer ein, im März waren es nur noch 1,42 Millionen, die Werbespots sind immer günstiger zu haben. Auch der Anteil der treuesten Fans hat in diesem Zeitraum stetig abgenommen: Im Januar lag Raabs Marktanteil bei den 14- bis 29-Jährigen noch bei 31,8 Prozent, im März waren es 28,5 Prozent. Allerdings gibt es nach Angaben von Pro-7-Sprecher Nico Wirtz immer noch den Kreis der eingefleischten Raab-Fans, die nach der Sendung niemals die Schmidt-Show einschalten würden. „Der Humor ist ganz anders“, sagt Wirtz. Noch größer ist der Unterschied zu Johannes B. Kerner. „Kerner spricht mit seiner Show ein ganz anderes Publikum an als Stefan Raab. Mit Comedy hat Kerners Sendung nichts zu tun“, sagt Wirtz.

Kerner, Raab, Schmidt: Jeder kämpft für sich und sein Publikum. Bei anderen Sendern und vergleichbaren Formaten auf „Zuschauerklau“ zu gehen, funktioniert kaum. Trotzdem die Konkurrenz zu beschimpfen, gefällt nur der eigenen „Fan-Gemeinde“. Wer Kerner hasst, muss Schmidt noch lange nicht lieben. Und umgekehrt.

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