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Medien: Drehen als erotischer Akt

Ein 3sat-Porträt über Theo Angelopoulos

Als wäre er noch ein junger Mann, springt der 72-jährige Theo Angelopoulos vom Regiesessel auf und korrigiert immer wieder die Szenen. Den Schauspieler Bruno Ganz lässt er ein zweites Mal in die Spree springen, erst dann ist er zufrieden. Diese Szene ist Teil aus „Der Staub der Zeit“, dem zweiten Teil der mit „Die Tränenwiese“ begonnenen Trilogie von Theo Angelopoulos über das 20. Jahr hundert. Ganz spielt darin einen griechischen Juden, den das Scheitern der kommunistischen Utopie alle Hoffnung genommen hat.

Die Drehtage in Berlin hat Nicos Ligouris in einem spannenden Filmtagebuch festgehalten, das viele Einblicke in die Arbeitsweise und Ansichten des berühmten Autorenfilmers Angelopulos vermittelt, der insgesamt 13 Filme gedreht hat, darunter „Die Wanderschauspieler“, „Der Bienenzüchter“, „Landschaft im Nebel“. „Man muss die Schauspieler berühren und an ihr Gefühl appellieren“, erzählt Angelopoulos. Drehen ist für den Griechen wie ein erotischer Akt.

Aber ihm bleibt nicht mehr viel Zeit. Sein nächster Film mit dem hoffnungs vollen Titel „Morgen“ soll die Trilogie abschließen und am letzten Tag des 20. Jahrhunderts enden, des Jahrhunderts von Angelopoulos, Fellini, Visconti, Bergman, Truffaut oder Tarkovski. Die große Familie lebt nicht mehr, das Filmemachen ist schwieriger geworden, nicht nur für ihn, aber daran denkt Angelopoulos nicht, während Michel Piccoli mit seinem Enkelkind an der Seite durch das nebelverhangene Brandenburger Tor auf die Kamera zuläuft. Es ist die letzte Szene von „Der Staub der Zeit“, auf dessen Weltpremiere während der bevorstehenden Berlinale man nach dieser Dokumentation doppelt gespannt sein darf. Hans-Jörg Rother

„Theo Angelopoulos dreht ‚Der Staub der Zeit‘“, 3sat, 22 Uhr 25

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