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Medien: „Es muss riskanter werden“

ZDF-Fernsehspielchef Hans Janke über TV-Trends und neue Produktionen

Das Fernsehen steht in der Kritik, weil es angeblich zu banal geworden ist. Eine der wenigen Ausnahmen war Ihr LiveM ovie mit Martina Gedeck. Nur bei den Zuschauern kam der Film nicht gut an. Würde ein zweiter Versuch anders aussehen?

Sicher. Es war noch nicht das, was es – wenn es noch mal gemacht wird – sein soll. Es müsste noch improvisierter und riskanter sein. Wir haben uns auf ein sehr gutes Drehbuch verlassen. Wir wollten das Risiko begrenzt halten. Das war gleichermaßen Segen und Fluch. Weil ein Buch, das so gut ist und das eine normale Fernsehfilmgeschichte erzählt, auch die Frage aufwirft, warum macht man es nicht gleich wie einen normalen Film.

Bedeutet der Misserfolg (11 Prozent Marktanteil), dass Sie erst mal weniger wagen?

Keineswegs. Es muss von Zeit zu Zeit auch Filme geben, die anders gemacht und anders erzählt werden.

Die Quoten für den ZDF-Montagsfilm haben sich stabilisiert. Hat nach dem Reality-Boom das Geschichtenerzählen mal wieder Oberwasser?

Ich glaube, ja. Ich sehe trotz Produktionsrückgängen für den Fernsehfilm eine ganz solide Situation. Aber der Fernsehfilm hat auch zu kämpfen. Sein Stoff ist überall, in allen Serien steckt er, in allen Comedys, in den Soaps, überall, selbst im Dokutainment gibt es Spuren davon. Selbst „The Swan“ ist ein klassischer Fernsehfilm-Stoff. Insofern wird das Genre quasi von der Seite angefressen.

Wie bleibt der Fernsehfilm da einzigartig?

Es gibt momentan zwei Möglichkeiten. Die eine ist, etwas zu machen, was Kino im Fernsehen ist, mit hohem Anspruch ans Erzählen. Auf der anderen Seite ist es ganz offenkundig, dass Gefühligkeiten, Weggeführt-werden-aus- dem-Alltag im Augenblick sehr gefragt ist.

Wärmebedürfnis in Krisen-Zeiten?

Wenn man die Zahlen studiert, die die ARD mit Pilcher und gewissen Nettigkeiten an Quoten erreicht, kann man schon darauf kommen, dass es da Zusammenhänge gibt. Die muss man zum Teil nutzen, zum Teil souverän übergehen.

Was hat das ZDF in Planung für 2005?

Wir sitzen an den „Nachrichten“ von Alexander Osang, eine Wendegeschichte mit Jan Josef Liefers in der Hauptrolle. Es kommt ein Melodram mit Senta Berger und Götz George. „Einmal so wie ich will“ ist ein in Afrika spielendes Stück über eine Frau, die sich von ihrem herrischen Mann abwendet. Wir sind mitten im Dreh von Wedels „Papa, Mama“ und in der zweiten Buchfassung des großen Stoffes „Dresden – der Brand“ von Stefan Kolditz und Roland Suso Richter. Anfang 2005 beginnen wir mit dem Zweiteiler „Auf immer und ewig und einen Tag“, eine Freundschaftsgeschichte von zwei Männern und zwei Frauen. Ich möchte auch bewusst den Courths-Mahler- Zweiteiler von Jörg Grünler erwähnen, „Durch Liebe erlöst“, weil es schon eine große Kunst ist, einen solchen Trivialstoff auf diese Höhe zu führen, ohne ihn zu verraten.

Welche Strategie verfolgt das ZDF eigentlich mit der Telenovela „Bianca“?

Wir wollen am Nachmittag etwas haben, womit man auf längere Sicht eine Quotenschwäche vermeidet. Außerdem ist die Produktionsmethode nicht nur ökonomisch interessant – „Bianca“ ist auch ein Experiment. Und es ist die Sache selber, dieser ewige Aschenputtel-Stoff. Den zu erzählen als Telenovela – das ist ebenso legitim wie es offenbar auch erfolgreich ist, und es ist auf seine Weise zeitgemäß.

Die Samstags-Krimis laufen gut. Werden Reihen trotzdem ausgemustert?

Wir haben eigentlich des Guten zuviel. Aber die Marke ist so stark, dass sie die Vielfalt aushält. Wir werden alle Reihen fortsetzen. Wir haben sogar eine Neuentwicklung: Wir wollen Joachim Król als etwas anderen Polizisten etablieren.

Die Krimis boomen auch an anderen Tagen. Wie erklären Sie sich, dass in diesem Genre all das möglich ist, was in einem Einzelstück meist nicht geht – Soziales, Psychologisches, Düsteres?

Ich glaube, es ist ganz schlicht: Wenn Unterhaltung verheißen wird – und Krimi ist per se eine Unterhaltungsverheißung – geht fast alles. Der Krimi ist seit Jahren die gefragteste Programmsorte. Wir haben montags Wiederholungen von alten „Alte“-Folgen, die bringen um 18 Uhr fünf Millionen Zuschauer.

Die Gebührenerhöhung fiel magerer aus als erhofft. Was heißt das für den teuren Fernsehfilm?

Unsere Wiederholungsquote wird sicher nicht kleiner. Doch Genaueres kann ich im Moment noch nicht sagen.

Das Gespräch führte Rainer Tittelbach

Hans Janke, 60, ist Vize-Programmdirektor und Fernsehspielchef des ZDF. Einst war er Leiter des Adolf- Grimme-Instituts, seit 1990 erneuerte er in Mainz das zuvor totgesagte Fernsehspiel.

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