zum Hauptinhalt
Zappeln im Liebesnetz. Hein (Peter Heinrich Brix) und Mona (Sanaa Alaoui). F.: ZDF

© Marion von der Mehden

Friesen-Fernsehen: Fischers Fritze fischt...

Die ZDF-Komödie um Hein in Liebesdingen in Marokko ist so platt wie der Norden.

Von Maris Hubschmid

„Schnacken ist, wenn der Ostfriese spricht.“ Der bodenständige Matze, der mit seinem Kühllaster Nordseekrabben zwischen Greetsiel und Marokko hin- und herkarrt, kennt auf jede Frage eine einfache Antwort. So weiß er auch die Lösung für den einsamen Kumpel Hein (Peter Heinrich Brix): „Die Frauen in Marokko sind anschmiegsam, sittsam und treu.“ Es braucht aber zusätzlich einen kaputten Kuttermotor, um Fischer Hein zu einem Kurzurlaub zu überreden. Was nicht heißt, dass der Film viel Zeit auf einen Einstieg verwendete. Kaum hat der Zuschauer sich zu orientieren begonnen, steht er mitten im belebten Tanger.

Was jetzt folgt, ist weder originell noch originell aufbereitet: Kulturen knallen aufeinander. Erst stolpert der staunende Hein Schüpp unbeholfen durch das bunte, laute Marokko, dann erfährt die schöne Marokkanerin Mona in aller Heftigkeit die norddeutsche Kühle. Überraschungen hält die Handlung nicht bereit – in Afrika steht die bezaubernde Exotin ganz wie vorhergesagt bindungswillig bereit. Die Achtung der Küstenbewohner muss Mona sich Schritt für Schritt erkämpfen. Daneben gilt es, den spröden Hein aufzuweichen.

Als Regisseur von Filmen wie „Butter bei die Fische“ und „Die Schimmelreiter“ ist Lars Jessen für norddeutsche Settings prädestiniert, Daniel Speck lieferte als Autor populärer Multikulti-Stücke das Skript für das Fernsehspiel „Meine verrückte türkische Hochzeit“. Die Erwartung, beide Kenner gäben dem Film eine feine, subtile Binnenspannung, wird schnell enttäuscht. Nationalitäten und Mentalitäten zeichnen sie oberflächlich, alles wirkt glatt und pauschalisiert. In Ostfriesland wird rekordverdächtig oft pro Minute „gemoint“, und Mona zeigt Hein, wie „die Marrokaner“ so sind: 1a-Krabbenpuler, die jeden Kummer wegtanzen.

Dazwischen aber hält „Fischer fischt Frau“ manch gelungene Szene bereit. Am Tag nach Monas Ankunft trägt der Dorf-Briefträger Hein die Post ungebeten bis ins Wohnzimmer, um einen Blick auf die Neue zu erhaschen. Angesichts der an Stereotypen reichen Kulisse sind die Dialoge von Drehbuchautor Daniel Speck von unvermittelt geistreichem Humor: „Du, darf ich dich mal auf was aufmerksam machen?“, fragt Matze eine attraktive Nachbarin. „Unbedingt.“ – „Auf mich.“ Ein Teich sei ein kleiner See, ein Deich gegen große Seen, erklärt Hein die Begrifflichkeiten der friesischen Landschaft in einem der wirkungsvoll fotografierten Momente.

Weshalb der Film außerdem sehenswert ist, das sind die erstklassigen Schauspieler, die Lars Jessen und Produzentin Kerstin Schmidbauer ins platte Land gelockt haben. Anna Loos als Heins mit ihm in Scheidung lebende Ex-Frau ist ein Störenfried, sie will ihren Anteil am Haus ausbezahlt haben und gefährdet damit Heins Existenz. Bjarne Mädel, längst großartiger Theaterschauspieler und einem breiteren Publikum als „Ernie“ aus der Serie „Stromberg“ bekannt, ist ein wunderbar liebenswerter Begleiter. Petra Kelling erscheint als die Idealbesetzung für Hein Schüpps grantige Mutter und die marokkanisch-französische Sanâa Alaoui beherrscht die leisen Töne hier besser als Peter Heinrich Brix.

Etwas fehlplatziert wirkt das Thema Globalisierung, anfangs stark besprochen, das später durch das Motiv Integration abgelöst wird. Den Fischern wird das Geschäft von holländischen Unternehmern kaputt gemacht, die in dicken Limousinen am Hafen vorfahren. Die Krabben werden im 3000 Kilometer entfernten Marokko gepult, um später in der Imbissbude neben dem Fangkutter serviert zu werden. Mit fortschreitender Handlung gerät die Absurdität dieses Systems aber in Vergessenheit – da hat es dem Hein ja seine Frau ins Netz gespült. Maris Hubschmid

„Fischer fischt Frau“, 20 Uhr 15, ZDF

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false