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Selbst der Vatikan würdigt den Film „Blues Bothers“. Warum auch nicht, seine Botschaft ist gut katholisch. Elwood Blues (Dan Aykroyd, links) und Jake Blues (John Belushi) wollen das von der Schließung bedrohte Waisenhaus retten, in dem sie aufgewachsen sind. Foto: Arte

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„Gimme some lovin“: Ein göttliches Chaos

Der Kultfilm "Blues Brothers" wird 30 und Arte hat ihn deshalb im Programm. Könnte sein, dass auch der Papst einschaltet.

Seit zwei Wochen ist es offiziell, im „L'Osservatore Romano“ war es schwarz auf weiß zu lesen. „Blues Brothers“, John Landis' durchgeknallte Proll-Musical-Komödie, wird vom Vatikan als „katholischer Filmklassiker“ gewürdigt, in einem Atemzug mit Mel Gibsons „Die Passion Christi“. Ein schönes Geschenk ist das zum 30. Geburtstag des Films, den Arte am heutigen Sonntag seines Jubiläums zeigt – aber ist es nicht zugleich eine höchst eigenartige Wahl? Ein Protagonist, der wegen bewaffneten Raubüberfalls im Knast gesessen hat, gespielt von dem kokain- und heroinsüchtigen John Belushi, der wie sein Partner Dan Aykroyd im Mafiosi-Look herumläuft und halb Chicago in Schutt und Asche legt. Eignet sich so etwas für den päpstlichen Filmkanon?

Ein schlechter Scherz, möchte man denken, aber inmitten der destruktiven Komik ist eine christliche Botschaft versteckt. Die Brüder Jake und Elwood versuchen 5000 Dollar aufzutreiben, um das verschuldete katholische Waisenhaus zu retten, in dem sie aufgewachsen sind. Dessen Oberin will kein unehrlich erworbenes Geld annehmen, also besinnen sich die Brüder auf ihre Talente als Musiker, wollen die alte Band für eine neue Tournee zusammenbringen und so die erforderliche Summe einspielen.

John Belushi und Dan Aykroyd waren nicht nur in diesem Film Musiker wider Willen. Schon in der Comedy-Sendung „Saturday Night Live“ hatten sie eine Band namens Blues Brothers verkörpert, nur für einen Sketch, aber das Publikum war so begeistert von dem ungleichen Paar – Aykroyd mit seinem sanften Country-Blues und Belushi mit seiner Vorliebe für Heavy Metal – , dass aus der fiktiven Band eine reale wurde. Die Filmindustrie wollte an dem Erfolg teilhaben, schnell wurde ein Stoff entwickelt, und im Juli 1979 war Drehbeginn. Das Budget stieg rasch von 16 auf 27 Millionen Dollar (zum Vergleich: „Krieg der Sterne“ kostete nur elf Millionen), und das lag nicht an den zu Schrott gefahrenen Autos, sondern an dem zugedröhnten Star-Personal.

„Blues Brothers“ gehört wie Steven Spielbergs „1941“ und Michael Ciminos „Heaven's Gate“ zum Genre der übermütigen, schlecht vorbereiteten, finanziell verlustreichen Großproduktionen. Bei seiner Ablieferung dauerte der Film über 150 Minuten; die gekürzte Fassung war mit 130 Minuten immer noch zu lang für eine Komödie, die als anspruchsloses Kino galt. Nach der Weltpremiere am 20. Juni 1980 gab es schlechte bis lauwarme Kritiken, und der kommerzielle Erfolg (Platz 8 unter den Top-Ten-Filmen des Jahres) reichte gerade mal aus, um die hohen Kosten zu decken. Doch dann entwickelte sich ein Kult, erst recht, als John Belushi 1982 mit nur 33 Jahren starb – an einer Überdosis Kokain und Heroin .

Die „Blues Brothers“ waren keine Eintagsfliegen; ihnen war ein langes und erfolgreiches Nachleben vergönnt. Der Kultstatus ist, wie es sich für eine filmische Nummernrevue mit Stars aus der Blues-, R’nB’- und Jazzszene gehört, teilweise verdient. Einige Nummern sind wirklich stark, vor allem die mit der US-amerikanischen Soul-Sängerin Aretha Franklin als Besitzerin eines Fast-Food-Restaurants, dessen Koch für die Blues-Brothers-Tournee gebraucht wird. Franklin stellt den Koch, der auch ihr Liebhaber ist, wütend zur Rede, und daraus entwickelt sich die mitreißende Musiknummer „Think“.

Genauso unvergesslich ist eine ekstatische Kirchenzeremonie, die James Brown abhält. „Kannst du das Licht sehen?“ fragt er John Belushi, und der antwortet mit einem mehrfachen Handstand-Überschlag. Belushi wog damals 220 Pfund bei einer Größe von 173 Zentimetern, und damals gab es noch keine Computereffekte. Der Mann mit dem Bierbauch scheint trotz seiner ungesunden Lebensweise noch ein großer Athlet gewesen zu sein. Und jetzt darf er sich, angesichts seiner indirekten Heiligsprechung, im Grabe umdrehen – vor Lachen.

Die Überlebenden des ersten Werks wollten den Erfolg verlängern, mit „Blues Brothers 2000“. Wieder führte John Landis Regie, das Drehbuch schrieb er zusammen mit Dan Akroyd. Was eine Fortsetzung sein sollte, war eine schlecht camouflierte Kopie. Aus der Haft entlassen, erfährt Elwood J. Blues (Dan Aykroyd) vom Tod seines Bruders Jake, von seiner ehemaligen Erzieherin aus dem Waisenhaus wird er als Mentor für das Kind Buster engagiert, wieder beginnt die Suche nach alten und neuen Bandmitgliedern... In manchen Kinos wurde der Film bereits zwei Wochen nach dem Start wieder abgesetzt.

Da ist passiert, was auch anderen Arbeiten, die das Genre der musikgetriebenen Komödie nachhaltig befeuerten, passiert ist. „American Graffiti“, 1973 von den späteren Kino-Giganten George Lucas (Regie/Drehbuch) und Francis Ford Coppola (Produktion) ausgedacht und umgesetzt, erzählte mit 40 Rock’n’Roll-Titeln den bittersüßen Schwebezustand von Teenagern zwischen Jugend und Erwachsenwerden. Was aus „Froschauge“ oder Steve Bolander geworden war, wollte, sollte „The Party is over ... Die Fortsetzung von American Graffiti“ zeigen. Ein saftiger Kino-Flop 1979, just in dem Jahr, als die Dreharbeiten zu den „Blues Brothers“ begannen.

„Blues Brothers“, 20 Uhr 15, Arte

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