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Im RADIO: Goethe und die Patchworkfamilie

Ein Feature über den "Faust" bietet verblüffende Einsichten zur Finanzkrise, Maxim Biller erzählt von einem jungen Außenseiter in historischer Schreckenszeit.

Vor gut einem Dreivierteljahrhundert wurde das erste Autokino eröffnet. Natürlich in den USA, wo Kino und Auto zu den tragenden Säulen der Kultur gehören und eine Verschmelzung deshalb in der Luft lag. Später wurden die „Drive-in-Theatres“ auch in Europa populär, als Orte für ungestörte Stunden zu zweit und entspannte Großfamilienabende. In ihrem Feature „Monster, Mädchen und Motoren“ erzählen Markus Metz und Georg Seeßlen eine kleine Geschichte dieses mythischen Ortes. Heute verschwinden die Autokinos, was nicht nur an technischen Problemen liegt. Schon gelten die letzten Repräsentanten der Spezies als bizarre Kultstätten, die man unbedingt noch einmal gesehen haben muss, bevor es für immer zu spät ist (Deutschlandradio Kultur, 18. August, 19 Uhr 30, UKW 89,6 MHz).

Wenn irgendwo in Deutschland ein junger Mann seine Schule mit der Waffe heimsucht, kann man sicher sein, dass später in seinem Zimmer auch gewalttätige Computerspiele gefunden werden. Ob hier Kausalzusammenhänge sichtbar werden oder nur Zufälle walten, darüber streiten die Experten. Auch das Feature „Egoshooter“ von Karsten Kretzer wird nicht das letzte Wort in dieser Sache sein, aber immerhin erfahren wir viel über die Motive jugendlicher Computerspieler. Der Autor hat an den LAN-Partys der Freaks teilgenommen, mit Spieleentwicklern gesprochen und auch Labors besucht, in denen der Beziehung zwischen simulierter und realer Gewalt wissenschaftlich nachgeforscht wird (Kulturradio vom RBB, 21. August, 9 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Wie eine merkwürdige Krankheit ist die große Finanzkrise durch den gesellschaftlichen Organismus gezogen. Scheinbar stand einen Moment lang alles auf der Kippe, die Kosten der Rettung wurden immer dramatischer. Heute weiß niemand, ob wir schon wieder gesund sind oder das dicke Ende noch auf uns wartet. Wer die Ereignisse besser verstehen will, kann im Buchladen ein schnell geschriebenes Sachbuch zum Thema kaufen. Oder er greift zu Goethes „Faust“, der Tragödie zweiter Teil, und findet dort verblüffend aktuelle Einsichten in das Wesen des modernen Geldgewerbes. Mit seinem Feature „Die Alchimie des Geldes“ ist Autor Thomas Diecks diesen Weg gegangen. Wie Goethe über Kreditwirtschaft dachte und warum er dem Papiergeld magische Kräfte zumaß. Wie viel schöpferische aber auch Zerstörungskräfte in monetären Fantasien stecken und wieso Scharlatane hier ein reiches Betätigungsfeld finden (Kulturradio vom RBB, 21. August, 19 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Noch bis zum Ende des Sommers läuft auf den ARD-Kulturwellen das „Radiofestival“. Neben Übertragungen von europäischen Musikfestspielen gibt es vor allem Kost aus den Archiven zu hören. Eine Ausnahme bieten nun kleine nächtliche Erzählungen, die prominente deutsche Autoren eigens für das Radio geschrieben haben und auch selber vorlesen. In der kommenden Woche erzählen unter anderem Henning Ahrens über einen erfolgreichen, aber unglücklichen Anwalt, Maxim Biller über einen jungen Außenseiter in historischer Schreckenszeit und Ulrike Draesner über leitende Angestellte bei einem Managementtraining der besonderen Art (Kulturradio vom RBB, ab 23. August, wochentags, jeweils 22 Uhr 30).

Dass Patchworkfamilien heute allgegenwärtig sind, gilt oft schon als Beweis für ihr reibungsloses Funktionieren. Aus der Nähe betrachtet, sieht manches komplizierter aus. Im Feature „Ein Gefühl des Erstickens“ beobachtet Autorin Beate Becker die Konfliktlinien in einer modernen Patchworkfamilie. Ihre Hauptfigur ist eine kinderlose Mittvierzigerin, die mit einem geschiedenen Mann zusammenlebt. Der hat aus erster Ehe Kinder, die häufig zu Besuch kommen. Von der zweiten Frau wird dann eine temporäre Hausfrauen- und Mutterrolle erwartet, für die sie weder durch besondere emotionale Zuwendung noch durch gesellschaftliche Anerkennung belohnt wird. Wie der Titel des Features schon verrät, eine problematische Situation, die so oder ähnlich den meisten Patchworkern bekannt sein dürfte (Deutschlandradio Kultur, 23. August, 0 Uhr 05).

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