zum Hauptinhalt

Medien: Gott und die Werbung

Er ist wieder verschwunden aus dem Fernsehen, Bernhard Langer, der von seiner Krise berichtet und wie ihm Gott da herausgeholfen hat. Die genaue Anleitung fand sich im Buch "Kraft zum Leben".

Er ist wieder verschwunden aus dem Fernsehen, Bernhard Langer, der von seiner Krise berichtet und wie ihm Gott da herausgeholfen hat. Die genaue Anleitung fand sich im Buch "Kraft zum Leben". Auch die Spots mit Paulo Sergio, dem Fußballer, und dem

Sänger Cliff Richard, die ebenfalls das Buch der Arthur S. DeMoss-Stiftung empfehlen, sind aus dem Programm genommen worden. Das sei ideelle Werbung, entschied die Gemeinsame Stelle Werbung der Landesmedienanstalten und deshalb laut

Rundfunkstaatsvertrag unzulässig. Trotzdem segelt Golf-Profi Langer noch morgens aus der einen oder anderen Tageszeitung: Auf einer Beilage wirbt er für die Bestellung des Gratis-Buchs. Ist also im Rundfunk verboten, was in der Presse erlaubt ist? In den Pressegesetzen sucht man jedenfalls vergebens nach einer Vorschrift, die ideelle, also weltanschauliche oder politische Werbung verbietet.

Für Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) und des Werberates, besteht hier erheblicher Diskussionsbedarf. "Das Verbot ideeller Werbung stammt ja aus einer Zeit, als es im Fernsehen noch eine Art Monopolstellung

gab", sagt er. Damals seien die Werbezeiten sehr knapp gewesen und man habe befürchtet, dass religiöse, weltanschauliche oder politische Vereinigungen Dominanz im Fernsehen erlangen und die Wirtschaftswerbung gar verdrängen könnten.

Mittlerweile kann allerdings fast jeder um die dreißig Programme empfangen -von einer Knappheit an Werbezeiten kann also kaum noch die Rede sein. Dennoch seien die entsprechenden Vorschriften, wie Nickel sagt, immer noch die alten. Eine öffentliche

Debatte darüber, ob diese noch zeitgemäß seien, habe es nie gegeben. Auch das Bild, das der Gesetzgeber vom Fernsehzuschauer habe, müsse möglicherweise überdacht werden. Der sei vielleicht kompetenter, als der Gesetzgeber glaube.

Das findet man auch bei RTL, wo man sich am längsten geweigert hat, den "Kraft-zum-Leben"-Spot aus dem Programm zu nehmen. RTL stellte sich auf den Standpunkt, dass nicht für eine Weltanschauung geworben werde, sondern schlicht für ein Buch.

Grundsätzlich steht Ingrid M. Haas, die nicht nur RTL-Sprecherin, sondern auch Vizepräsidentin des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) ist, auf dem Standpunkt, dass Funk und Presse endlich gleich behandelt werden müssten. Denn

anstatt durch strikte Staatsverträge kontrollieren sich Zeitungen und Zeitschriften in erster Linie selbst: Der Presserat, in dem Vertreter von Redaktionen, Gewerkschaft und Verlagen sitzen, achtet darauf, dass Ethik und Moral gewahrt werden.

Aber auch für das Fernsehen gilt das Prinzip der Selbstbeschränkung: So hatten sich bei der Tabak-Werbung die Zigaretten-Hersteller freiwillig dazu entschlossen, keine Reklame mehr im Fernsehen zu machen, was später auch Gesetz wurde. Beim Alkohol

entschied der Werberat schon in den siebziger Jahren, freiwillig Maß zu halten und etwa im Kinderprogramm nicht mehr für Schnaps und Bier zu werben. Diese freiwilligen Verhaltensregeln wurden dann in die Fernsehrichtlinie der EU übernommen. Auch wenn RTL-Sprecherin Haas den "Kraft-zum-Leben"-Spot verteidigt, hält sie grundsätzlich ideelle Werbung für einen "schwierigen Punkt": Man müsse immer sehr genau schauen, wofür da geworben werde.

Genau das tun die Landesmedienanstalten jedoch nicht. Die Medienwächter fragen bei der ideellen Werbung nur danach, ob für eine Idee geworben wird oder eben doch - rein kommerziell - für ein Produkt. Letzteres ist zulässig, ersteres verboten. Und wer

wollte es ihnen auch überlassen, zu entscheiden, welche weltanschauliche, religiöse oder gar politische Position zulässig ist und welche nicht?

Schon die Auseinandesetzungen über Wahlwerbespots, die vor Wahlen als Ausnahme zum grundsätzlichen Verbot politischer Werbung zulässig sind, haben gezeigt, dass es hier Probleme geben kann. Grundsätzlich müssen die Öffentlich-Rechtlichen allen Parteien

die Möglichkeit geben, Wahlspots zu schalten. Und auch bei den Privaten gilt das Prinzip der Chancengleichheit: Wenn eine Partei für sich werben darf, dürfen es alle anderen auch. Ausnahme: Wenn die Spots etwa zur Volksverhetzung aufrufen. Fragt sich

also, ob die Suggestivkraft des bewegten Bildes es tatsächlich rechtfertigt, der Presse die Bernhard Langer-Werbung zu erlauben, sie im Fernsehen aber zu verbieten. Vielleicht wird das Fernsehen ja auch nur überschätzt, wie Werberats-Sprecher Volker

Nickel glaubt.

Heiko Dilk

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false