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Medien: Groß rauskommen

Kriegsreporter wittern ihre Chance in Bagdad

Ted Turner, Gründer des US-Nachrichtensenders CNN, wollte aus Bagdad berichten. Der Journalist Turner sei vom Sender aber abgelehnt worden, sagte der 64-Jährige in New York. In Bagdad hätte Turner seinen vielleicht besten Mann aus dem ersten Golfkrieg treffen können: Peter Arnett, 1991 als CNN-Korrespondent in der irakischen Hauptstadt berühmt geworden, berichtet jetzt für den Nachrichtensender MSNBC. Wie die Associated Press Television News Agentur (APTN) wollten auch die noch verbliebenen deutschen Korrespondenten weiter aus Bagdad berichten – Stand Mittwochabend. Zu den festen Mitarbeitern wie Katrin Sandmann (N 24/Sat 1), Antonia Rados (RTL/n-tv/NBC) und Ulrich Tilgner (ZDF) sind so genannte „Free Lancer“ gestoßen. Stefan Kloss arbeitet für die ARD, Christoph Maria Fröhder – er berichtete für die ARD bereits während des ersten Golfkrieges – will in den Irak einreisen und dann fürs Erste arbeiten.

Ingolf Efler, Stellvertreter des ARD-Koordinators Immo Vogel beim verantwortlichen Südwestrundfunk, sagte, es gebe eine Handvoll „Kriegsreporter“ wie Kloss und Fröhder. Kloss habe für die ARD im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) bereits aus Afghanistan berichtet. „Er ist für uns wirklich überraschend in Bagdad aufgetaucht. Kloss hatte mitbekommen, dass unser Korrespondent Jörg Armbruster den Irak verlassen wird, ist dann auf eigenes Risiko in den Irak gefahren.“ Der SWR habe sein Angebot akzeptiert und ihn wie Christoph Maria Fröhder engagiert. Beide seien über den Sender versichert. Die Motive von Kloss und Fröhder kenne er im Einzelnen nicht, klar sei aber, dass sie die Chance sehen würden, „jetzt groß rauszukommen“. Zu den finanziellen Abmachungen sagte Efler nur: „Man verdient sicherlich mehr als jeder normale Auslandsreporter.“

Die Korrespondentin Antonia Rados betonte, „natürlich haben wir alle Angst! Nur Helden und Idioten haben keine Angst.“ Trotzdem, „Journalisten müssen hier eine Art Augenzeugen sein“. Für Rados sind „wir Journalisten die oft zu Unrecht bedauerten Freiwilligen in diesem Konflikt. Es gibt hier fünf Millionen Menschen, Zivilisten, die in viel schlimmeren Situationen sind als wir, weil sie keine Möglichkeit haben, wegzugehen“. Beim Kriegsausbruch will Rados wie andere Korrespondenten ins „Hotel Palestine“ gehen, das nicht im Stadtzentrum liegt – dem erwarteten ersten Ziel amerikanischer Bomben. Im „Palestine“ soll die Tiefgarage als Bunker genutzt werden. Rados schätzte die Zahl der Mitarbeiter ausländischer Medien in Bagdad auf „50 bis 70“.

Peter Scholl-Latour, langjähriger Korrespondent und Islam-Experte, sagte dem Tagesspiegel, dass seiner Meinung nach „die Gefahr weniger von den Bomben der Amerikaner droht als von dem Chaos, das in Bagdad entstehen wird.“ Er erwarte auch keine Geiselnahme von ausländischen Journalisten durch die Iraker: „Das Regime wird doch um jedes Bild von Zerstörung und Opfern froh sein, das aus Bagdad rausgeht.“ Wenn, wie vermutet, die US-Luftwaffe mit speziellen Bomben die Kommunikation in der irakischen Hauptstadt lahmlegt, dann gibt es laut Scholl-Latour noch immer die Straße von Bagdad ins jordanische Amman. „Das aber ist ein gefährlicher Transportweg, der sicherlich von den Amerikanern angegriffen wird.“

Interesse an Informa tionen wächst

Der bevorstehende Krieg hat das Interesse der deutschen Zuschauer am Dienstagabend besonders auf die Nachrichten und weitere Informationssendungen gelenkt. Die Sender kündigten an, im Kriegsfall ihre Programme sofort zu ändern. RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer sagte: „Der Spaßfaktor wird natürlich zurückgefahren.“ Auch ARD-Sprecher Burchard Röver sagte: „Wenn die Bomben fallen, wird es bei uns sicher nichts Schunkeliges geben.“ Das Erste werde „in der heißen Phase zum reinen Infosender mutieren“. Bei den Fernsehstationen wird insbesondere über die Comedy- und Unterhaltungsformate nachgedacht. Beim ZDF wird überlegt, die Show „Wetten, dass …?“ am Samstag abzusagen. Pro 7 will die Oscar-Verleihung in der Nacht zum Montag ausstrahlen. Im Hörfunk, auf öffentlich-rechtlichen ebenso wie auf privaten Kanälen, soll nach Kriegsausbruch keine fröhliche Musik mehr gespielt werden. Der Chef von „Radio Energy“ Stefan Ibelshäuser sagte in München: „Alle Blödelein werden gestoppt.“

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