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Medien: Henning Mankell: Der Mann, der nicht lächelt

Bei der Ankündigung zuckt der Besucher zusammen: Henning Mankell wolle kein Frage-und-Antwort-Spiel, er möchte Geschichten erzählen. Das klingt nach Laienprediger mit selbstgebastelter Heilsbotschaft.

Bei der Ankündigung zuckt der Besucher zusammen: Henning Mankell wolle kein Frage-und-Antwort-Spiel, er möchte Geschichten erzählen. Das klingt nach Laienprediger mit selbstgebastelter Heilsbotschaft. Die Furcht verschwindet schnell. Denn der Erfolgsautor aus Schweden verkleidet seine Ansichten in kleine, wirkungsvoll präsentierte Geschichten. Das Publikum im Logenhaus in Berlin, wo der Kulturkanal Arte am Montagabend eine Dokumentation über Mankell vorstellte, hat er rasch in einen Bann geschlagen. Mankell spricht aus, was die Fans bei seiner Romanfigur, Kommissar Kurt Wallander, gelesen haben. Der Polizist im südschwedischen Städtchen Ystad, so alt wie sein "Erfinder", teilt dessen kritische Sicht auf die Gesellschaft im Königreich, eine weitgehend entsolidarisierte Ich-Gemeinschaft, die den "Volksheim"-Gedanken verworfen hat. Nicht so Wallander, nicht so bei Mankell. Zuschauen ist nicht, zupacken gilt. Moral ist beider Treibstoff, Realismus der Motor.

Der Schriftsteller lebt seit 1980 viele Monate eines Jahres in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo und leitet dort ein Theater. Mankell fühlt sich wie ein "Pendel zwischen diesen beiden Polen", vielleicht schlägt sein Herz ein klein wenig heftiger für Afrika. Mankell kritisiert die Berichterstattung über den Kontinent: "Wir wissen alles, wie Afrikaner sterben und woran, wir wissen nicht, wie sie leben." Mankells Veröffentlichungen halten dagegen, wie falsch es wäre, im gebürtigen Stockholmer nur den Krimiautor zu kennen. Mankell hat mehrere Bücher für Kinder veröffentlicht, deren Erzählhaltung sein gesamtes Werk durchzieht: "Mit einer, nicht zu einer Generation sprechen".

Wer Henning Mankell trotz der 3,5 Millionen allein im deutschsprachigen Raum verkauften Bücher nicht kennt, der kann ihn im Arte-Programm am 27. Juni kennenlernen, in der Dokumentation "Henning Mankell. Reise in Hölle und Paradies". Der filmisch spannende Beitrag von Wilfried Hauke wechselt zwischen Szenen aus den Wallander-Büchern und biografischen Sequenzen, folgt dabei Mankells Spuren von der Kindheit bis heute, besucht die Originalschauplätze seiner Romane im "Wallander-County" Schonen und begleitet ihn nach Maputo. Mankell, der im Gegensatz zu seinem aktuellen Erfolgstitel "Der Mann, der lächelte" sehr ernsthaft, fast grüblerisch wirkt, wird als Autor und Theatermacher porträtiert, der die Begriffe Menschlichkeit und Solidarität hochhält, sie nicht nur im Mund führt, sondern in die Tat umsetzt. Das "Teatro Avenida" in Maputo finanziert er durch seine Krimis. Mankell beeindruckt durch seine Bestimmtheit, sein Selbstbewusstsein, auch durch sein (Mit-)Leiden an der Welt: "Henning ist wie eine Wohnung mit vielen Zimmern, mit dunklen und mit hellen Räumen. Doch meistens hält er sich lieber in den dunklen Zimmern auf", sagt seine Ehefrau Eva Bergmann, Regisseurin und Tochter von Ingmar Bergmann. In diese dunklen Zimmer folgen ihm, der zu den zehn populärsten Schweden zählt, seine Leser gar zu gerne. Innerhalb kürzester Zeit sind in Deutschland sechs Mankell-Titel herausgegeben worden, der jüngste hat die Harry-Potter-Bücher an der Spitze der Beststellerlisten abgelöst. Drei weitere Titel stehen auf Deutsch noch aus. Dann ist Schluss, denn Mankell hat sich mit seinem letzten Werk von seinem Haupthelden verabschiedet. Wallanders Tochter Lisa soll in künftigen Romanen als Polizistin den Faden wieder aufnehmen.

An so viel Ruhm und Erfolg will das Fernsehen teilhaben. Bereits über die Hälfte der Wallander-Krimis wurden verfilmt. Das ZDF, das die Filme koproduziert, strahlt "Die falsche Fährte" in drei Teilen im Spätherbst dieses Jahres aus und "Die fünfte Frau" in vier Teilen im Frühjahr 2002. Dann will Arte auch einen ganzen Themenabend über Henning Mankell ins Programm nehmen.

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