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Medien: Im Internat der Musterschüler

Bei den „Schloss Einstein“-Kinderstars kontrolliert das Jugendamt die Zeugnisse

So ein Schauspieler-Arbeitstag ist lang. Ihren Text lernt Anna Majtkowski mittags im Auto, wenn sie zu den Dreharbeiten gebracht wird; sie hat einen Chauffeur. Es kann später Abend werden, bis sie Feierabend hat. Das heißt, Feierabend ist hier das falsche Wort, denn sie muss oft noch Hausaufgaben machen.

Anna Majtkowski ist 13. Sie spielt mit in der KiKa-Internatsserie „Schloss Einstein“. Und bei schauspielernden Kindern hat man ja gleich viele Klischees im Kopf: von ehrgeizigen Eltern getrieben, ohne gleichaltrige Freunde. „Seit ich bei Schloss Einstein dabei bin“, sagt Anna, „treffe ich mich viel mehr mit Freunden.“ Und ihre Serien-Kollegin Katharina Wein, 12, ergänzt: „Oft bin ich auch am Set, wenn ich gar nicht drehen muss. Die Hausaufgaben mache ich abends.“ Auch das Vorurteil, dass Kinder, die beim Fernsehen sind, vielleicht gut schauspielern können, dafür umso schlechter rechnen und schreiben, trifft auf Anna Majtkowski und Katharina Wein nicht zu: Beide besuchen so genannte Schnellläuferklassen an Gymnasien in Potsdam.

Gute Schulleistungen sind Bedingung, damit man bei „Schloss Einstein“ mitspielen darf. Es ist sogar umgekehrt: Wer in den Leistungen einbricht, wird aus dem Drehbuch rausgeschrieben. Offenbar keine schlechtes Druckmittel, denn die 250 Kinder, die schon bei „Schloss Einstein“ eingesetzt worden sind, sind ausschließlich gute Schüler. „Die Kopien der Zeugnisse müssen immer abgegeben werden“, sagt Mandy-Marie Mahrenholz, die mit zwölf Jahren zur „Schloss Einstein“-Crew stieß und als Laura Marwege insgesamt vier Jahre dabei war. „Schon wenn es zu einer Verschlechterung kommt, dann wird man weniger eingesetzt.“

Das Jugendamt schaut drauf. Ohne Anmeldung kommt es alle zwei bis drei Wochen bei den Dreharbeiten auf dem Studiogelände der Medienstadt Potsdam-Babelsberg vorbei und prüft, ob die Kinderschutzbestimmungen eingehalten werden.

„Zu Beginn habe ich selbst nicht damit gerechnet, aber viele unserer jungen Schauspieler haben sich in dieser Zeit schulisch deutlich verbessert“, stellt der Herstellungsleiter Peter Rothkopf fest. Warum das so ist, weiß er auch nach Jahren intensiver Arbeit mit den Kindern nicht genau, er hat nur ein paar Vermutungen: Durch das regelmäßige Textelernen und die Arbeit vor der Kamera trainieren die Jugendlichen einerseits ihr Gedächtnis und lernen andererseits, sich auf den Punkt hin zu konzentrieren.

Außerdem ist bei „Schloss Einstein“ ein Kinderbetreuer engagiert. Martin Schönemann soll den Schauspielern bei den Hausaufgaben helfen. „Das macht allerdings kaum einer“, sagt Mandy-Marie Mahrenholz. „Ich habe mich auch immer erst abends an die Schulbücher gesetzt.“ Nur zwei Kinder verließen auf eigenen Wunsch das „Einstein“-Team: Ein Mädchen hatte sich verliebt, und ein Junge erhoffte sich Filmangebote.

Seit einem halben Jahr steht die inzwischen 17-jährige Mandy-Marie Mahrenholz nicht mehr in den Babelsberger Studios vor der Kamera, sondern studiert an einer Musicalschule im Ku’damm-Karree. Diplom-Musical-Darstellerin will sie werden. Auf dem Bildschirm ist sie noch als Laura zu sehen, da stets mit etwa einem halben Jahr Vorlauf gedreht wird.

Ins TV-Internat kam Mandy in der sechsten Klasse, und sie wurde dort erwachsen. Zwei, drei Tage die Woche werden die Kinder bei „Einstein“ eingesetzt. Aber auch wenn Mandy-Marie Mahrenholz keinen Drehtag hatte, schaute sie oft trotzdem im Studio vorbei – wie viele der Kinder. „Das war nichts Besonderes, die meisten waren regelmäßig am Set, selbst wenn sie nichts zu tun hatten.“ Als Belastung, sagt sie noch, habe sie die Schauspielerei nie empfunden. „Ich war immer froh, wenn ich viel zu tun hatte.“

Die 300. Folge von „Schloss Einstein“ läuft heute um 18 Uhr im KiKa. Sie wird am Sonntag um 10 Uhr 25 wiederholt. Außerdem wird immer samstags um 11 Uhr 30 in der ARD und um 7 Uhr 30 im MDR eine frühere Staffel gezeigt.

Simone Leinkauf

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