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Im RADIO: Deutschland in Kleinanzeigen

Der 100. Geburtstag von Arno Schmidt, eine Collage aus Pamphleten von Georg Büchner und die Hungersnot in der Ukraine in den 30er Jahren. Die besten Radio-Tipps für die nächsten Tage.

Wer sich über den inneren Zustand eines Landes informieren will, kann die Zeitungen lesen. Er kann aber auch Dokumente des Alltags konsultieren, beispielsweise Kleinanzeigen. Martina Schultes Feature „Deutschland in Kleinanzeigen“ macht diese Textminiaturen zu Kronzeugen der deutschen Befindlichkeit. Neoliberalismus, Überalterung, Einsamkeit in der Masse – von all dem erzählen Kleinanzeigen. Quer durch Deutschland spricht die Autorin mit ihren Verfassern. Geschichten von Sinnsuchern und Einsamen, von selbstlosen Helfern und eigensüchtigen Verkäufern, von Dienstleistern der besonderen Art (Deutschlandfunk, 10. Januar, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Die Haushälterin berichtet von Schnaps und Pulverkaffee. Beides in rauen Mengen genossen, während der Arbeit im Dachstübchen. Am nächsten Tag hatte sie leere Flaschen zu entsorgen, danach wurde dem Dichter das Mittagessen gekocht. Autor Uwe Stolzmann ist in die Lüneburger Heide gefahren, um etwas über das Leben des größten Einsiedlers der deutschen Literatur zu erfahren. Arno Schmidt wäre in diesen Tagen 100 Jahre alt geworden. Er hat kein besonders glückliches Leben geführt. Allein das gewaltige Werk vermag seiner Einsamkeit einen Sinn zu geben. „Der Rebell aus dem Heidedorf“ nennt Stolzmann das Porträt eines tragischen Dichters (Kulturradio vom RBB, 12. Januar, 14 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Georg Büchner war nicht nur ein großer Dramatiker, sondern auch radikaler Revolutionär. Ein Extremist, würde man heute sagen. Neben seinen Stücken hat er politische Texte geschrieben, in denen sich schneidende Analyse und der Aufruf zu revolutionärer Gewalt mischen. Hermann Kretzschmars Hörspiel „Büchners Bote“ ist eine sehr musikalische Collage aus Büchners zornigen Pamphleten, Texten des amerikanischen Anarchisten Thoreau und anonymer Aufstandsprosa aus dem Internet. Ein Hörspiel über Revolutionen als historisches Phänomen und als Drohung an jede Gegenwart, die das Ideal der sozialen Gerechtigkeit aus den Augen verliert (Deutschlandfunk, 14. Januar, 20 Uhr 10).

War es politischer Mord oder eine Naturkatastrophe? Von Anfang an haben Historiker über die Ursachen der Hungersnot gestritten, die Anfang der 1930er Jahre mehr als drei Millionen Menschen in der Ukraine getötet hat. Stalin und seine Spießgesellen erzwangen die Kollektivierung der ukrainischen Landwirtschaft, auf dem Höhepunkt der Gewalt brach die Lebensmittelversorgung zusammen. Hatte Stalin das beabsichtigt, um Widerspenstige zu strafen? Kam eine Missernte im allerfalschesten Moment? Für ihr Feature „Holodomor“ hat sich Autorin Franziska Dorau durch Archive gewühlt und mit zahlreichen Historikern gesprochen (Kulturradio vom RBB, 15. Januar, 22 Uhr 04).

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