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Im RADIO: Hochseilartisten und Sitzzwänge

Was Sie diese Woche im Hörfunk nicht verpassen sollten.

Die wirklich wichtigen Dinge im Leben lassen sich nicht herbeizwingen. Man muss warten, bis der rechte Augenblick gekommen ist. Kairos nannte die Antike jene glückliche Stunde, in der sich Probleme mit leichter Hand lösen lassen. Was bisher stets misslang, geht nun rasch und mühelos. Gibt es diesen Kairos wirklich? Und wie kann man ihn erkennen? Das Feature „Wenn nicht jetzt – wann dann?“ von Ines Molfenter fragt nach einer Kairos-Lehre für unsere Gegenwart. Sie hätte mit Selbstvertrauen und Entscheidungskraft zu tun. Mit Intuition und dem Mut, seiner Intuition auch zu folgen (Kulturradio vom RBB, 2. Januar, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Der Göttinger Hirnforscher Gerald Hüther diagnostiziert kollektiven Stress bei den Zeitgenossen. Wir fühlen die Krise unserer Ausbeutungs- und Konkurrenzkultur, deshalb nehmen Burn-out-Symptome rapide zu. Dabei kann Hüther in seinem Labor nachweisen, dass vor allem freudige Begeisterung unser Hirn auf Hochtouren bringt. Das Feature „Potenziale nutzen statt Ressourcen ausbeuten“ von Matthias Eckoldt porträtiert einen Gelehrten, der Erkenntnisse aus der Hirnphysiologie mit kühnem Schwung in die politische Arena trägt. Hüther plädiert für eine neue Pädagogik, eine neue Arbeitswelt und für einen neuen Umgang des Menschen mit sich selbst (Kulturradio vom RBB, 3. Januar, 22 Uhr 04).

Die ganze Familie tanzt auf dem Seil. Der Großvater macht es seit sechzig Jahren, sein Sohn nimmt ein Motorrad mit nach oben, auch die jüngste Enkelin ist schon Teil der Show. Das Feature „Leben auf dem Hochseil“ von Dieter Jandt porträtiert eine außergewöhnliche deutsche Artistensippe. Länger als ein Jahrhundert ist die Familie Weisheit berühmt für ihre Hochseilakrobatik. Immer war der Nachwuchs bereit, ins luftige Geschäft einzusteigen, obwohl Abstürze nicht ausblieben. Was hält so eine Familie zusammen, wie sieht man Welt und Zeitläufte vom Hochseil aus? (Kulturradio vom RBB, 5. Januar, 9 Uhr 05)

Die Hauptfigur im Roman „Der Erlkönig“ von Michel Tournier ist Automechaniker im Paris der 30er Jahre. Ein weltfremder Mann, der sich zu Kindern hingezogen fühlt. Den Aufstieg der Nazis im Nachbarland beobachtet Abel Tiffauges mit schwärmerischer Bewunderung. Als er während des Krieges nach Deutschland geschickt wird, geht für ihn ein Lebenstraum in Erfüllung. In den endlosen Wäldern Ostpreußens findet er eine mythische Heimat, in den jungen Zöglingen einer Nazischule die Objekte seines fantastischen Begehrens. Tourniers Roman ist ein spätes Meisterwerk der schwarzen Romantik. Im Radio ist es nun als Kammerspiel für drei Stimmen zu hören (Deutschlandradio Kultur, 6. Januar, 18 Uhr 30, UKW 89,6 MHz; Teil 2 am 13. Januar).

Unsere Kultur bevorzugt die sitzende Körperhaltung. Man sitzt bei der Arbeit, im Auto, während der Nahrungsaufnahme. Wer schließlich beim Orthopäden landet, muss zuerst im Wartezimmer sitzen. „Sitzen ohne Ende“ heißt denn auch das Feature von Dieter Jandt, das unsere hypertrophierte Sesshaftigkeit kritisch ausleuchtet. Jandt erzählt von allgegenwärtigen Sitzzwängen, aber auch von den Traditionen des politischen Aussitzens und juristisch verfügten Einsitzens (Deutschlandfunk, 6. Januar, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

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