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House

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Krankenhausserien: Wo ist Dr. House …

… oder gibt es hier Schwester Stefanie? Die erfolgreiche US-Serie "Dr. House" startet auf RTL in ihre dritte Staffel. Wie Klinik-TV das Ärztebild verändert.

Krankenhausserien stehen hoch im Kurs. Vor allem das US-Format „Dr. House“ ist für RTL ein großer Erfolg. Bis zu sechs Millionen Zuschauer sehen diesem ungewöhnlichen Arzt und dessen Team bei der Arbeit in der Klinik zu. Heute startet auf RTL die dritte Staffel mit dem grummeligen und stänkernden Arzt, der seine Patienten nicht direkt anspricht, sich gerne in Zynismen ergeht und am Ende jede noch so hoffnungslos aussehende Krankengeschichte zu einem guten Ende führt. Doch für wie realistisch werden solche TV-Serien, solche Ärztebilder überhaupt genommen?

„Generell werden etwa neunzig Prozent der Ärzte und des Pflegepersonals in Krankenhausserien als kompetent und fürsorglich dargestellt“, sagt Constanze Rossmann. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Münchner Ludwig-Maximilians- Universität hat mit ihrer Studie „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie die Patienten“ untersucht, wie Ärzte in Krankenhausserien dargestellt werden und wie sehr die Fernsehfiktion das Realitätsbild der Patienten verzerrt.

Bei den Untersuchungen ergab sich, dass 97 Prozent der von Rossmann analysierten Fernsehärzte ethisch korrekt sowie fachlich stets kompetent handelten, 99 Prozent nie intrigant waren und 82 Prozent sehr selbstsicher dargestellt wurden. „Außerdem sehen die Fernsehärzte gut aus und kümmern sich zusätzlich um die privaten Probleme ihrer Patienten.“ Ist das realistisch? Nicht im Geringsten, so das Resümee der Wissenschaftlerin. Vielseher von Krankenhausserien bewerten Ärzte, nachdem sie diese real erlebt haben, denn auch schlechter als vorher. Eher zutreffend sei die Beschreibung vom Krankenhausaufenthalt als desillusionierendem Erlebnis – dies aber nur, weil die Flut von Fernsehmedizinern bei Millionen Zuschauern die Illusion einer heilen Krankenhauswelt erweckt habe.

Ingrid Machner ist stellvertretende Leiterin der pflegerischen Anästhesieabteilung im Städtischen Klinikum Lüneburg. Während sie die Vorbereitungen für die Narkose trifft und dem Patienten erklärt, was sie da gerade tut, wird sie hin und wieder unterbrochen. „Es kommt oft vor, dass Patienten meinen, das alles schon aus dem Fernsehen zu kennen“, sagt sie. „Ich rede aber trotzdem weiter, ob der Patient nun will oder nicht.“ Denn alles wissen diese Besserwisser dann doch nicht – im Gegenteil. Schon bald merken die Patienten, dass sie keinen blassen Schimmer davon haben, was da geschieht, und fangen an, Fragen zu stellen. Fernsehbildung via Arztserie ist anscheinend nicht besonders umfassend. Manchmal möchte ein Patient von Schwester Ingrid wissen, ob es im Krankenhaus auch eine Schwester Stefanie gäbe. „Das kann ich nur verneinen“, sagt sie dann. „Wir haben hier keine lebensrettende Schwester, die sich immer wieder in die Angelegenheiten der Ärzte einmischt, so wie diese Schwester Stefanie aus der Fernsehserie.“

Einer der häufigsten Bilder in Arztserien: die Nulllinie. Auf dem Messgerät erscheint eine langgezogene Linie, es piept – und der Patient ist tot. „Der Chirurg reißt sich den Mundschutz ab und ruft: ,Schade!‘“, sagt Wolfgang Harringer, Chefarzt der Herz-Thorax-und- Gefäß-Chirurgie des Städtischen Klinikums in Braunschweig. „So ist es natürlich nicht.“ Natürlich sei dieser durchgezogene Strich sehr plastisch für Laien, doch selbst nach solch einer Nulllinie habe man fünf bis zehn Minuten Zeit, Wiederbelebungsversuche durchzuführen. Auch Arne Eßmann stößt diese Nulllinien-Misere immer wieder auf, wenn er sich Arztserien anschaut. Er hat anderthalb Jahre lang als Rettungsassistent gearbeitet, davor war er mehr als drei Jahre Rettungssanitäter. Während dieser Zeit hat er etwa vierzig Reanimationen durchgeführt. „In der amerikanischen Serie ,Emergency Room‘ ist dies jedoch weitgehend richtig dargestellt. Dort stimmen auch Medikamentennamen und Fachausdrücke.“ Die Serie „Dr. House“ hält er ebenfalls für sehr realistisch.

„Etwa zehn Prozent der Einschätzung, wie es in echten Krankenhäusern ablaufen könnte, ist von solchen Serien geprägt“, sagt Kommunikationswissenschaftlerin Rossmann. Einen viel höheren Einfluss hätten die persönlichen Erfahrungen oder Gespräche mit Freunden über Kliniknotfall und -alltag. Und was ist mit „Dr. House“, dem erstaunlichsten Fernseharzt, nach dessen Ansicht jeder Mensch lügt und Patientenkontakte weitestgehend vermieden werden sollten. Gibt es da einen Effekt? In immer mehr US-Serien werden Ärzte nicht mehr ganz so positiv dargestellt. Weil diese nun Einzug in Deutschland halten, so Rossmann, werde auch das Bild der Ärzte bei den Zuschauern ein negativeres werden.

„Dr. House“, die neue Staffel,  RTL, 21 Uhr 15

Till Frommann

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