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Medien: Kritisch gesehen: Verklärte Erinnerung

Selten So Gelacht. ARD.

Selten So Gelacht. ARD. "Was ist aus Wigald Boning geworden?" Nicht ohne Triumph konstatierte Alt-Meister Hanns Dieter Hüsch, der ganze Kabarett-Dekaden überdauert hat, die kurze Halbwertszeit seiner komischen Nachfolger. Boning, noch vor kurzem Comedy-Superstar, fanden die SWR-Autoren Tom Michel und Alexander Wasner, bei eher angestrengten Spaß-Akten auf der Straße. Hüsch, dem der "ernste", besinnliche Witz im lauten Nachwuchs-Humor fehlt, vergaß nur, wie sehr sich die Vorwürfe gleichen: Er selbst wurde in grauer 68er-Vorzeit zusammen mit der Fraktion der "Blödelbarden" wie Ulrich Roski oder Insterburg & Co. als zu unernst, inhaltslos und "unpolitisch" gescholten.

Was den Vorläufern der heutigen Comedians fehlte, war die allgegenwärtige Vermarktung. Boning und seine "Samstag Nacht"-Kollegen verschwanden nach kurzem Ruhm ja nicht deshalb in der Versenkung, weil es ihnen plötzlich an komischem Potenzial gebrach. Sie wurden vom Produzenten und Sender einfach nur so lange vermarktet, bis sie niemand mehr sehen und hören mochte. Ein Schicksal, das noch akzeptierte Humor-Auguren durchaus vor Augen haben: "Das alles kann tragisch enden" sinnierte Anke Engelke angesichts ihrer Popularität.

Die Reportage über die "Dienstleister am Zwerchfell" (Boning) führte eine straffe Arbeitsteilung vor. Hinter austauschbaren Humor-Darstellern auf dem Bildschirm stehen Autoren, die Witze am Fließband liefern: weniger Kreativität als erlernbares Handwerk. Sie arbeiten den Kassenwarten zu: Je mehr gelacht wird, desto teurer die Werbeminute. Hüschs Besinnlichkeit würde die Bilanzen nur drücken.

Michael Burucker

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