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Auch beim Boxen: Frauen eher als mitfühlend und gemeinschaftsorientiert.

© imago/Westend61

MEDIA Lab: Scharf blicken im Wahlkampf

Stereotype Darstellungen werden nicht von Medien geschaffen, sondern in erster Linie reproduziert und ideologisch aufgeladen. Ein Gedanke, der den Blick auf Wahlplakate schärfen könnte.

Es gibt viele Studien zur medialen Darstellung von Männern und Frauen. Abgesehen von den reinen Quantitäten, Männer kommen in der Regel häufiger vor als Frauen, gibt es eine Reihe weiblicher und männlicher Stereotypen, die gesellschaftlich verankert sind und in der Berichterstattung immer wieder auftauchen. Männer gelten als dominant, aggressiv und eher als konkurrenz- denn teamorientiert, Frauen eher als mitfühlend und gemeinschaftsorientiert.

In welchem Ausmaß diese Stereotypen bei der bildlichen Darstellung von Kandidaten im Wahlkampf von Bedeutung sind, haben die Kommunikationswissenschaftler Marc Jungblut und Mario Haim untersucht. Dafür sammelten sie Fotos aller 13 961 Personen (davon 39 Prozent Frauen) aus allen 28 Mitgliedsstaaten, die bei den Wahlen zum EU-Parlament 2019 antraten.

Um Unterschiede zwischen Berichterstattung und Selbstdarstellung identifizieren zu können, verglichen sie die Fotos der zwei meistgelesenen Nachrichtenportale des Landes mit den Profilfotos von Instagram und Twitter. Insgesamt kamen so fast 80 000 Fotos zusammen.

Im Vergleich wurden weibliche Kandidaten in der Regel fröhlicher dargestellt als männliche Mitbewerber. Männerfotos waren häufiger mit negativen Emotionen verbunden. Frauen wurden aber insgesamt nicht häufiger als ihre männlichen Kollegen in Gruppen, im Schnitt sogar etwas häufiger als ihre männlichen Kollegen allein gezeigt. Besonders interessant war der Vergleich zwischen Profilfotos und medialer Präsentation in Nachrichtenmedien.

Grundsätzlich gilt, dass emotionale Geschlechterstereotypen in beiden Quellen in vergleichbarem Umfang erkennbar sind, auch in der Selbstdarstellung im Netz. Stereotype Darstellungen werden offenbar nicht von Medien geschaffen, sondern in erster Linie reproduziert und ideologisch aufgeladen. Ein Gedanke, der den Blick auf Wahlplakate und Pressefotos schärfen könnte.

JoachimTrebbe

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