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MEDIA Lab: Wider den Hochmut

Abgesehen von Elisabeth Noelle-Neumann ist er wohl der einzige deutsche Kommunikationswissenschaftler, der in der Politik Spuren hinterlassen hat. Als Sozialdemokrat, auch, aber nicht nur in Berlin.

Abgesehen von Elisabeth Noelle-Neumann ist er wohl der einzige deutsche Kommunikationswissenschaftler, der in der Politik Spuren hinterlassen hat. Als Sozialdemokrat, auch, aber nicht nur in Berlin. Wie Noelle in Mainz, hat er eines der einflussreichsten publizistischen Institute gegründet. Allerdings erst nach dem Mauerfall – als Rektor der Universität Erfurt.

Die „Zeit“ nannte ihn ein „Kommunikationsgenie“. Er schrieb gegen den „Hochmut von Politikern, Publizisten und Intellektuellen, gegen ihr bloß strategisches Kommunikationsverhalten“ an. Auch seinem eigenen Fach stand er kritisch gegenüber. Es würde zu viel „geförschelt“ und zu wenig geistreich geforscht. Er habe „die Fähigkeit zur Vogelperspektive, die Lust an der Synthese“ vermisst, so sein Weggefährte Wolfgang R. Langenbucher, der zuletzt an der Universität Wien lehrte.

Die Rede ist von Peter Glotz, der von 1977 bis 1981 Wissenschaftssenator in Berlin war. Langenbucher hat jetzt mit seinem früheren Kollegen in München, dem Zeitungswissenschaftler Hans Wagner, zusammengewirkt und Glotz’ weit verstreute Beiträge zur Kommunikations-, Medien- und Kulturpolitik postum in einem gewichtigen Buch vereint.

Was die Publikation nicht „enthüllt“: Bevor Glotz nach Erfurt ging, hatte eine Berufungskommission versucht, ihn an die FU und damit nach Berlin zurückzuholen – auf die erste Professur für Medienmanagement. Er war bereit, doch sein Vorhaben wurde von seinem konservativen Nachfolger, Wissenschaftssenator George Turner, abgeblockt. Jeder kann sich ausmalen, welche Strahlkraft das Institut für Publizistik an der FU entfaltet hätte, hätte Glotz den Ruf erhalten. Immerhin: Sein Erfurter Assistent Klaus Beck ist heute Professor am Berliner Institut.

Peter Glotz: Das Gespräch ist die Seele der Demokratie. Beiträge zur Kommunikations-, Medien- und Kulturpolitik.

Stephan Russ-Mohl

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