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Verschworene Truppe. Die deutsche Elf hat das Finale erreicht.

© dpa

Mehr als zwölf Millionen sehen EM-Halbfinale: EM ist Festtag, nur Claudia Neumann stört?

Die EM erreicht rekordverdächtige Quoten. Aber ist der Erfolg nachhaltig? Und der Ärger über die ZDF-Kommentatorin bleibt.

Beim Eröffnungsspiel der Fußball-EM am 6. Juli sahen knapp drei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer. Das Quotenrennen gewann eine Wiederholung des ZDF-Krimis "Die Toten von Salzburg". Spätestens seit dem Einstieg der deutschen Fußballerinnen ins Turnier ist das Publikum auf EM-Kurs: Das 4:0 im ersten Gruppenspiel gegen Dänemark interessierte bereits 5,95 Millionen, mit der Finalrunde kratzte der Wert an der Zehn-Millionen-Marke, um beim Halbfinale gegen Frankreich die bisher höchste Reichweite eines EM-Spiels der Frauen im deutschen Fernsehen zu erzielen: 12,187 Millionen, was bedeutet, dass die Hälfte aller Zuschauerinnen und Zuschauer am Mittwoch Fußball schaute. Und am Sonntag überträgt die ARD ab 17 Uhr 30 das Finale Deutschland gegen England. Da wird es zu einer neuen Rekordquote kommen, ganz sicher.

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Die entscheidende Frage für den Fußball der Frauen ist: Ist dieses Interesse nur temporär oder ist es nachhaltig? Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hatte vor der EM gesagt: Das ist ja schön, dass die Medien bereit sind, zumindest temporär auf uns zu schauen.“ Sie hoffe, das bleibe ein bisschen nachhaltiger.

Der Pay-TV-Sender Sky will sich nach Aussage seines Fußball-Chefs Mario Nauen jedenfalls um die TV-Rechte an der Frauen-Bundesliga bemühen. „Ich habe ja schon angedeutet, dass wir Interesse daran haben und dass wir uns breiter aufstellen wollen, gerade was den Frauen-Fußball und den Frauen-Sport angeht“, sagte er am Dienstag. Zugleich betonte Nauen, dass Sky „keine ökonomisch wilden Sachen“ machen werde. Von dieser Saison an zeigt Sky unter anderen den DFB-Pokal der Frauen komplett (2021/22 übertrug Sky nur ein Spiel pro Runde live) sowie Spiele der englischen Women's Super League.

TV-Rechte der Frauen-Bundesliga ausgeschrieben

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte am Montag angekündigt, die Medien-Rechte der Frauen-Bundesliga und der 3. Liga der Männer über die Tochtergesellschaft DFB GmbH & Co. KG auszuschreiben. Dabei geht es um die vier Spielzeiten 2023/2024 bis 2026/2027. Die Rechte der beiden Ligen werden zeitlich parallel, aber erstmals separat ausgeschrieben. Derzeit liegen die Rechte für 3. Liga und Frauen-Bundesliga bis Mitte 2023 im Pay-Bereich bei der Deutschen Telekom, die für ihre Kunden die Spiele bei MagentaSport zeigt. Im Free-TV liegen die Rechte seit 2018 über die Agentur SportA bei der ARD. Zum Kontrakt mit dem ARD-ZDF-Rechtevermarkter gehören derzeit auch noch die Frauen-Länderspiele, die in der Regel im Ersten und in Zweiten gezeigt werden.

Sind Spielberichte in der ARD-"Sportschau" oder im "Aktuellen Sport-Studio" des ZDF über die Frauen-Bundesliga denkbar? Denkbar schon, aber ob die Anstalten dafür die Sendungen aufmachen, ist keineswegs ausgemacht. Allen Beteiligten ist klar, dass die überragenden Quoten der EM dem Event-Charakter des Turniers, den Erfolgen des deutschen Teams und einem Regelprogramm geschuldet ist, das in den Sommerwochen mehr die Wiederholung als die spektakuläre Premiere pflegt.

Mosern die Männer?

Und dann ist da die Frage, ob das männliche Publikum in dem Moment, wo die Bundesliga der Männer wieder startet, immer noch jenes Interesse zeigt wie in den Wochen des EM-Turniers? Also weniger Dortmund, Bayern, Leipzig im Fernsehbild und dafür mehr Wolfsburg, Potsdam, München? Die Sender folgen dem Interesse im Nachfragemedium Fernsehen, bleibt das Interesse aus, bleiben die Sender den Plätzen fern.

In der aktuellen Euphorie-Phase darf nicht übersehen werden, dass dem Fußball der Frauen unverändert die Skepsis gerade der männlichen Fans entgegenschlägt. Zum Beispiel die Twitter-Begleitung der ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann. "Wann lernt das ZDF, dass ein Fußballspiel von zwei Personen kommentiert werden sollte. Claudia Neumann allein ist schon eine harte Strafe. Der Vergleich mit dem „Obi-Baukasten“ war gerade der Ritterschlag für eine schlechte Kommentatorin", tweetet einer. Ein anderer: "Entschuldigung, aber Claudia Neumann ist auch beim Frauenfußball in Sachen Fußballkompetenz eine Katastrophe und ihre Ausdrucksweise und ihr deutsch sind irgendwo zwischen unwürdig und peinlich anzusiedeln. " Dass sind die harmlosen Zitate. Und auch die Reaktion des ZDF hat etwas Halbherziges: "Wir sind von Claudia Neumanns Kompetenz überzeugt. Claudia Neumann ist schon seit Jahren im Live-Fußball zu Hause und bringt neben ihrer Fachkompetenz ein erhebliches Maß an Erfahrung mit."

Alltag und Festtag

Natürlich sagen diese Statements nichts bis wenig über den Erfolg vom Fußball der Frauen im Fernsehen aus. Aber EM ist Festtag, Bundesliga ist Alltag.

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