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Plötzlich Bürgermeisterin: Cordula Stratmann spielt in "Ellerbeck" die Kindergärtnerin Sabine, die ungeplant das Rathhaus übernimmt.

© ZDF/Frank Dicks

Neue Comedyserie "Ellerbeck": "Was hat Jesus eigentlich beruflich gemacht?"

Cordula Stratmann ist eine der besten deutschen Komikerinnen. Doch mit ihrer neuen ZDF-Comedyserie "Ellerbeck" misslingt ihr der Versuch einer witzigen Politiksatire.

Eine Sitcom, bei der man nicht dauernd mit geistreichen Gags und geistvollen Dialogen belästigt wird? Comedy, bei der man lediglich zweimal grinsen muss? Dieses TV-Wunder ist dem ZDF gelungen: „Ellerbeck“ heißt die neue Anti-Lach-Serie. Sechs Folgen, jeweils 30 Minuten lang. Läuft zuerst bei ZDFneo, später dann im ZDF.

Das Konzept erinnert an "Stromberg"

Der Inhalt: Sabine Ebert, gespielt von Cordula Stratmann, ist Kindergärtnerin. Außerdem kämpft sie mit einer Bürgerinitiative gegen den Bau einer Schweinmastanlage. Als die Spitzenkandidatin bei der Kommunalwahl ausfällt, lässt sich Sabine aufstellen. Sie wird ganz unerwartet ins Bürgermeisteramt gewählt. Klingt nach charmanter Lokal-Posse. Mal nicht Griechenlandchaos, NSA-Überwachung, Flüchtlingsprobleme -  sondern kleine, kommunale Schweinereien, die  Wutbürgern doch gehörig stinken.

Formal ist das Ganze wie eine Dokumentation aufgebaut. Ein Kamerateam ist immer und überall mit dabei. Sabine, Aktivistin Yvonne und Noch-Bürgermeister Ten Hensen werden auch interviewt. Wer da an „Stromberg“ denkt, liegt gar nicht so falsch. Der große Unterschied – bei „Stromberg“ werden unterschiedliche Mockumentary-Stilmittel intelligent angewendet, amüsant weitergedreht. Oft tritt die Kamera aus der Handlung heraus. Der Zuschauer bekommt den Eindruck, die Akteure heimlich zu belauscht. Und die Akteure verhalten sich anders, nicht mehr so „kamerakonform“, da sie ja scheinbar nicht mehr gefilmt werden.

"Was hat Jesus beruflich gemacht?"

Bei „Ellerbeck“ ist die imaginäre Kamera immer dabei. Und die Akteure verhalten sich in allen Situationen immer gleich unglaubwürdig. Es gibt keine Unterschiede zwischen „gespieltem“ Verhalten vor der Fake-Kamera und „realistischem“ Verhalten, wenn Wirklichkeit in die Filmaufnahmen einbricht. Von parodistischer Doku-Soap-Attitüde bleiben nur wacklige Handkamera-Bewegungen übrig. Sinnlos. Zwecklos. Die handelnden Personen einer Comedy-Serie können nüchtern sein, übertrieben, oder volles Klischee. Aber witzig muss es sein. Cordula Stratmann ist eine der besten deutschen Komikerinnen - aber selbst sie kann aus dieser verstaubten Humorlosigkeit nur selten ausbrechen.

Immerhin hat sie einen der beiden guten Gags. „Aber Bürgermeisterkandidatin? Ne. Gut wenn du für was richtig brennst. Also der Jesus hat sich ja für seine Idee kreuzigen lassen. Aber der war auch Single und hatte nicht so eine Verantwortung im Job. Was hat der überhaupt gemacht? Beruflich?“

Chance auf eine gute Politiksatire wurde vertan

Den zweiten Lacher darf Yvonne präsentieren, Freundin von Sabine und eigentlich Kandidatin für das Bürgermeisteramt. „Die Sabine ist ein Bauchmensch. Und das ist gut gegen die Ten-Hensen-Patriarchie: Vater war schon Bürgermeister. Und der Opa auch. Hier im Emsland, da ist die Regierung wie Syphilis. Die wird durch Geschlechtsverkehr übertragen.“

Die anderen Darsteller stellen mehr schlecht als recht das übliche „humorvolle“ Rolleninventar üblicher „humorvoller“ Serien dar. Die taffe Sekretärin des Bürgermeisters hat ein Holzbein. Wenn es kritisch wird, nimmt sie das Bein in die Hand und droht damit. Eine gepiercte Praktikantin mit Leder-Halsband und lila Lippen schwärmt von ihrer Band „Kadaverkotze“. Nach der Aktion gegen die Schweinemastanlage gibt’s beim Griechen Schweinfleisch. Damit hat die Feministin Ute große moralische Probleme. Bürgermeister Hensen wird beim Interview von einem Anruf gestört. Seine Geliebte. Als es peinlich wird, hängt er ein, lässt das Telefon dann einfach läuten. Die erste Folge von „Ellerbeck“, vollgepackt mit einer Menge abgestandener, gequält witziger Situationen. Wieder eine verbockte Chance, mal eine bissige, groteske oder einfach gute Politiksatire ins Programm zu hieven.

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