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Robert Siedler (Benjamin Sadler, re., mit Johanna Polley).

© ZDF und Hannes Hubach

Neuer ZDF-Krimi mit Benjamin Sadler: Mörder sind nicht cool

Am Pranger: „Der Gutachter“ ist ein fesselnder Krimi mit Benjamin Sadler als forensischem Psychiater.

Sehr schade, dass es im ZDF bereits zwei kriminalisierende Psychiater gibt. Eine dritte Reihe neben „Spuren des Bösen“ und „Neben der Spur“ wäre wohl des Guten zu viel. Dabei hat die Hauptfigur dieses Krimis großes Potenzial für weitere Geschichten: Robert Siedler (Benjamin Sadler) ist forensischer Psychiater, dessen Gutachten entscheidenden Anteil daran haben, ob Verbrecher nach Verbüßung ihrer Strafe freigelassen werden.

Jochen Bitzer, für sein Drehbuch zu „Der Fall Jakob von Metzler“ mit dem Grimme-Preis geehrt, konfrontiert Siedler mit zwei Fällen, die zwar nichts miteinander zu tun haben, sich aber gegenseitig beeinflussen. Der Film beginnt als Thriller: Eine junge Frau (Johanna Polley) hat offenbar im Drogenrausch einen Dealer erstochen. Siedler durchschaut zwar recht bald das Spiel, das sie mit ihm treiben will, denn „Mörder sind nicht cool“, aber die Auflösung dieser Ebene ist trotzdem überraschend.

Zentrale Figur des zweiten Handlungsstrangs ist Friedhelm Knecht (Michael A. Grimm), ein verurteilter Mörder und ehemaliger Alkoholiker, der vor Jahren im Suff einen Mann erschlagen hat. Siedler bescheinigt ihm eine erfolgreiche Therapie, Knecht wird entlassen. Dieser Teil der Geschichte steht im Vordergrund, mit Knecht verknüpft Bitzer das brisante Thema des Films: Wie geht die Gesellschaft mit solchen Menschen um?

Es bleibt lange offen, ob Knecht wieder zum Mörder geworden ist

Anhand des Falls illustrieren Bitzer und Regisseurin Christiane Balthasar das Restrisiko, das nur dann ausgeschlossen werden kann, wie es im Epilog heißt, wenn man dafür die Freiheit opfert. Deshalb bleibt lange offen, ob Knecht wieder zum Mörder geworden ist. Für die Öffentlichkeit ist der Fall klar, der Psychiater findet sich am Pranger wieder, und der Witwer des Opfers lässt seine Wut an Siedlers Frau Kathrin (Jasmin Gerat) aus.

Balthasar hat alle Folgen der ZDF-Reihe „Kommissarin Heller“ inszeniert und beweist dort regelmäßig, wie vortrefflich sie ihr Handwerk versteht. Auch hier sorgt das Zusammenspiel von Kamera, Schnitt und einer Musik, die oft mehr Geräusch als Klangfolge ist, nicht nur für eine moderne Anmutung, sondern für eine dichte Atmosphäre und hintergründige Spannung.

Interessanterweise inszeniert sie die finale Konfrontation zwischen Siedler und dem Mann, der sich an Kathrin vergangen hat, beinahe beiläufig, obwohl sie für den Psychiater fast tödlich endet. Davon abgesehen ist die Bildgestaltung bemerkenswert, es gibt für einen deutschen Fernsehfilm auffällig viele unterschiedliche Bildmotive. Der optische Aufwand legt ohnehin den Schluss nahe, das ZDF habe mit Robert Siedler noch Größeres vor. Derzeit ist jedoch keine Fortsetzung geplant.

„Der Gutachter - Ein Mord zu viel“, Montag, ZDF, 20 Uhr 15

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