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On the Road: Kein Beat, kein Groove

Vier junge Künstler begeben sich in einer mit überflüssigen Kommentaren vollgeplapperten Arte-Dokumentation auf Jack Kerouacs Spuren.

Da kommt er angeradelt, der angeblich letzte Beat-Poet. Und Charles Plymell liest auch gleich mal ein Gedicht vor, ein alter Mann mit zerfurchtem Gesicht, der die Worte rhythmisch hervorstößt. Ein Text wie Musik, wie pulsierendes Leben. So klingt sie also, die Beat-Generation um Allen Ginsberg, William S. Burroughs und Jack Kerouac, die den amerikanischen Literaturbetrieb in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts aufmischte und großen Einfluss auf die Popkultur hatte. Doch Plymells Vortrag zuzuhören, dafür hat Filmautor Hannes Rossacher keine Geduld. Er schneidet einen Kommentar von Anna F., einer jungen Musikerin aus Österreich, mitten hinein. Anna F. erklärt im englisch-deutschen Mischmasch, was durch Plymells Lesung viel besser klar wird: „Okay, now I know why it’s called beat poets, weil es einfach so in einem Rhythmus gelesen worden ist, dass es einfach gegroovt hat.“

Leider groovt Rossachers zweiteilige Doku „On Jack’s Road“ weniger, die Szene ist symptomatisch für den mit überflüssigen Kommentaren vollgeplapperten Film. Dabei klingt die Idee einleuchtend und vielversprechend. Vier junge Künstler, zwei Frauen und zwei Männer, fahren auf den Spuren von Jack Kerouac und dessen Roman „On The Road“ quer durch die USA. Neben Anna F. sind das Marlen Müller, eine Fotografin aus Berlin, Phil Hodges, ein deutsch-amerikanischer Filmemacher, und Francois Lang, ein Franzose und Spiele-Autor. Es geht von New York City über Cherry Valley, wo der Freundeskreis um Ginsberg zeitweise lebte, und Kerouacs Geburtsort Lowell bis nach San Francisco. Zwischendurch trifft das Quartett auf allerlei Kerouac- und Beat-Experten. Eine passende Einstimmung für die „On The Road“-Verfilmung von Walter Salles, die am Donnerstag in die Kinos kommt? Nur bedingt.

Es hätte ein schönes Road-Movie werden können, und das ist es in Teilen auch, wenn Rossacher sich mal ein bisschen treiben lässt, von der Musik von Bob Dylan, Charly Parker und anderen. Oder wenn Schauspieler Trystan Pütter Auszüge aus „On The Road“ liest. „Denn die einzigen Menschen für mich sind die Verrückten. Die verrückt sind aufs Leben“, schrieb Kerouac, der in dem 1957 erschienenen Roman von einer Reise zweier Freunde durch die USA erzählt. Ein raues, hastig auf zusammengeklebtem Papier niedergeschriebenes Buch, das zum Symbol für den Lebenshunger einer neuen Generation wurde.

An den vier sympathischen jungen Künstlern, die da nun fürs Fernsehen im 21. Jahrhundert unterwegs sind, hat man sich dagegen schnell satt gesehen. Das ist weniger ihre Schuld, denn Rossacher hätte seinen Film ja nicht mit ihren Floskeln pflastern müssen. „Ich brauchte einen Change in meinem Leben“, sagt etwa Phil, aber was sich da durch die Reise geändert hat, bleibt im Dunkeln. Ihr Talent präsentieren kann ohnehin nur Anna F., die hin und wieder ihre Gitarre auspackt. Es soll alles so spontan und hip aussehen, mit wackliger Kamera und einem Filmteam, das gerne selbst mal durchs Bild schlurft. Und beständig wird suggeriert, dass gerade etwas zufällig passiert. Dass zufällig eine alte Couch auf der Straße vor Kerouacs Wohnung in New York steht, auf der das Quartett Lieblingsstellen aus dem Roman vorlesen kann. Oder dass zufällig ein alter Beat-Poet vorbeigeradelt kommt. Thomas Gehringer

„On Jack’s Road“; Arte, 22 Uhr 10

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