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Dmitri Medwedew.

© dpa

Projekt: Eine Tribüne für Russlands Opposition

Innenpolitisch gelockert: Präsident Medwedew hat einen Öffentlich-rechtlichen TV-Kanal angekündigt.

Boshe moj! Mein Gott, bin ich so gealtert, fragen sich viele Russen über vierzig jetzt häufig, wenn sie den Fernseher anschalten. Bis zu den Massenprotesten im Dezember bestritten Präsident Dmitri Medwedew und Premier Wladimir Putin dort die Nachrichtensendungen quasi als Alleinunterhalter. Die Opposition war schon kurz nach Putins Machtübernahme 2000 von den Bildschirmen der überregionalen TV-Kanäle verschwunden. Denn die sind entweder im Besitz des russischen Staates oder staatsnah und daher laut Mediengesetz nur verpflichtet, den im Parlament vertretenen Parteien eine Tribüne zu bieten.

Das könnte sich ändern. Allerdings erst nach den Präsidentenwahlen Anfang März. Zu den innenpolitischen Lockerungen, die Medwedew unter dem Druck der Massenproteste ankündigte, gehörte auch ein öffentlich-rechtliches Fernsehen, das Meinungsvielfalt ermöglichen und allen politischen Gruppierungen eine Tribüne bieten soll. Eine hochkarätig besetzte Expertenkommission arbeitet an einem Konzept dafür. Konkrete Vorschläge erwartet Medwedew zum 1. März. Favorisiert wird eine Variante, bei der einer oder mehrere der Spartenkanäle, die dem Staatsfernsehen gehören, für das Projekt zur Verfügung gestellt werden. Für Pluralismus und Ausgewogenheit soll ein Rundfunkrat sorgen, in dem alle politisch relevanten Kräfte, einschließlich der Protestbewegung, vertreten sind.

Unabhängige Medienexperten stehen dem Vorhaben äußerst kritisch gegenüber. Der Sender soll in der Startphase mit Geld aus dem Staatshaushalt finanziert werden und später vor allem durch Spenden von Privatpersonen und Unternehmen. Ein gebührenfinanziertes Modell wurde nicht in Betracht gezogen und hat derzeit in Russland auch keine Chancen. Bei anspruchsvollen Sendungen ist die Quote so mies, dass die Moderatoren jedem Zuschauer persönlich die Hand geben könnten.

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