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Quoten: "Daily Harry" macht Quote

"Daily Harry" ist zurück auf den deutschen Bildschirmen. Was 2002 in Asien als TV-Experiment begann, könnte bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land zu einer Kult-Sendung werden. Schon die Eröffnungs-Sendung sahen allein bei der ARD 1,39 Millionen Zuschauer.

"Daily Harry" ist zurück auf den deutschen Bildschirmen. Was 2002 in Asien als TV-Experiment begann, könnte bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land zu einer Kult-Sendung werden. Schon die Eröffnungs-Sendung sahen allein bei der ARD 1,39 Millionen Zuschauer. Berlin - Täglich ab 12.30 Uhr flimmert die offizielle Medienstunde der Nationalmannschaft in die Wohnzimmer, bis zu fünf Sender übertragen live. «Mein großes Ziel ist, dass es eine Informations-Veranstaltung bleibt», erklärte Moderator Harald Stenger, im «normalen» Beruf Mediendirektor des Deutschen Fußball- Bundes (DFB). Doch längst hat der Einfluss des Fernsehens den Rahmen einer Pressekonferenz gesprengt, die den Journalisten eigentlich Einblicke und Hintergründe vermitteln soll.

«Jeder soll sich selbst treu bleiben. Ich habe nicht den Eindruck, dass sich einer verstellt», sagte der ehemalige Sportjournalist Stenger (55) zu seinen Podiums-Gästen im Berliner Kongresszentrum (ICC). Ob Bundestrainer Jürgen Klinsmann, Assistent Joachim Löw, Kapitän Michael Ballack oder Lokalmatador Arne Friedrich - nirgends können die Fans ihren Idolen so nah, genau und lange ins Gesicht schauen wie bei der Stenger-Sendung. «Für die Fans ist das schon attraktiv. Sie können die Aussagen ungeschnitten verfolgen und sich selbst eine Meinung bilden», bemerkte der Medienchef des Verbandes. Den Nebeneffekt Popularität spürt der Diskussionsleiter selbst beim Gang auf die Post, zum Bäcker oder im Restaurant: «Ja, es häufen sich die Kommentare: 'Das ist doch der Herr Stenger vom DFB'.»

Die bis zu 400 Print-Journalisten im DFB-Medienzentrum, die ihre Leser am folgenden Tag informieren und unterhalten müssen, sind natürlich unglücklich mit der Live-PK. «Das kann ich nachvollziehen», bekannte Stenger, der an die «himmlischen» Arbeitsbedingungen bei der WM 1974 oder noch bei der EM 1984 erinnerte: «Da habe ich noch mit Frankreichs Star Michel Platini ganz allein 30 Minuten ein Interview geführt. Diese Zeiten sind vorbei.» Heute liefern sich Lukas Podolski und Bastian Scheinsteiger vor hunderten Journalisten und dutzenden Kameras ihre bisweilen lustigen Rede-Duelle.

Stenger, vor seinem Engagement beim DFB 32 Jahre bei der «Frankfurter Rundschau» unter anderem als Fußball-Chef beschäftigt, will dennoch eine Fragestunde für seine ehemaligen Kollegen moderieren, nicht für Comedians oder Spaßmacher. Schon bei der WM 2002 in Japan und Südkorea war Stefan Raabs Assistent Elton bei der Live-Pressekonferenz von Teamchef Rudi Völler aufgetaucht. Stenger aber hatte dessen Fragen konsequent abgeblockt. «Bei aller Freude an Spaß und Gags haben wir so konzipiert, dass die Pressekonferenz nicht zur Gaudi verkommt», betonte der DFB-Mediendirektor.

Für Verblüffung sorgt Stenger selbst immer wieder, wenn er fast jeden Journalisten mit dem Namen anspricht. «Das ist eine Frage des Respekts», meinte der Moderator, der seine ersten Erfahrungen vor der Live-Kamera vor 25 Jahren als Sprecher einer Bürgerinitiative gegen die Frankfurter Stadtautobahn gesammelt hatte. «Es ging zweieinhalb Stunden gegen Polit-Profis», sagte Stenger rückblickend. Eine spezielle Moderatoren-Schulung hat er nicht absolviert. «Ich hatte nie eine Gänsehaut, wenn ich in das rote Lämpchen geblickt habe.»

Über einen Monat will Stenger in Berlin auf Sendung bleiben. Seinen letzten «Daily Harry» möchte er am liebsten am 10. Juli leiten, einen Tag nach dem vierten deutschen Titelgewinn. «Ich weiß aber nicht, ob ich dann dazu noch in der Lage wäre.» (Von Jens Mende und Klaus Bergmann, dpa)

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