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''Rach, der Restauranttester'': Zu Gast im "Entenjakob"

RTL-"Restauranttester" Christian Rach sucht mehr nach den banalen Wahrheiten - und Millionen schauen ihm dabei zu.

Und immer, wenn man gerade denkt, dass man verstanden habe, wie das Fernsehen funktioniert, mit welchen Sendungen man Quote macht und was die Menschen sehen wollen, dann kommt etwas wie „Rach, der Restauranttester“, und man kann wieder von vorne anfangen mit seinen Theorien. Denn „Rach, der Restauranttester“ ist so sensationell erfolgreich, dass man das kaum glauben kann – an der Sendung kann das eigentlich nicht liegen.

Montagabend, RTL, Viertel nach neun. Nach Günther Jauch kommt Christian Rach. Er betreibt in Hamburg das Tafelhaus, Rach wird als Sternekoch vorgestellt, sowohl der „Gault Millau“ als auch der „Feinschmecker“ haben das Restaurant zwar unlängst abgewertet, aber sei es drum, Rach wird bestimmt andere Qualitäten haben. Nur, welche sind das? Wie ist RTL auf den gekommen? Das Prinzip der Sendung geht so: Der Restauranttester besucht ein Restaurant, bei dem es nicht unbedingt rundläuft. Die Besitzer suchen bei ihm Rat und Hilfe, einige stehen kurz vor der Pleite, weil die Gäste ausbleiben. Rach kommt und hat eine Woche Zeit, um den Laden wieder auf Vordermann zu bringen: mehr Gäste, mehr Umsatz, mehr Erfolg. Offensichtlich funktioniert das immer, wenn Rach zur finalen Inspektion vorbeischaut, brummen die Läden – wer also ist dieser Rach? Ein Koch? Ein Unternehmensberater? Ein Magier?

Vor allem ist Christian Rach einer, der im Fernsehen nichts verloren hat. Er wirkt linkisch, unsympathisch, er fuchtelt mit seinen Händen herum, als wolle er eine Windmühle imitieren, seine Klamottenauswahl macht ihn selber zu einem Kandidaten für eine Beratungssendung. Nach so einem ruft man nicht wirklich, wenn man Sorgen hat. Tun dann offenbar aber doch einige – und die sind es dann auch, die der Sendung die Wärme verleihen: rührende Eheleute, deren Traum vom eigenen Restaurant irgendwann mal auf der Strecke geblieben ist, die sich unverschuldet schlichtweg vertan oder zu spät gemerkt haben, dass sie eigentlich gar nicht kochen können oder dass ein Restaurant im Industriegebiet nicht das war, was dort fehlte. Es sind kleine Tragödien, die da erzählt werden, meistens ohne jeden Voyeurismus, das ist tatsächlich die große Stärke der Sendung. Die Schwäche ist Rach, seine Ideen wirken oft zu banal: Dass ein Restaurant, das „Entenjakob“ heißt, auch Ente auf der Speisekarte haben sollte, darauf wäre man auch gekommen, wenn man kein Sternekoch ist. Aber so funktioniert die Sendung: Rach erledigt das Offensichtliche. Er stellt einen Kamin ins Restaurant, damit es netter wirkt; wenn einer keine Calamares zubereiten kann, wird das von der Karte gestrichen, wenn man nicht aus dem Fenster gucken kann, wird es geputzt. Und so ist „Rach, der Restauranttester“ nicht eine Sendung, sondern mehrere: „Die Kochprofis“, „Raus aus den Schulden“, „Einsatz in vier Wänden“ und ein bisschen Super-Nanny, denn manchmal hapert’s auch an Elementaren: einem Wirt, der zu faul zum Arbeiten ist, kommt Rach schon mal streng. Und das, genau das, schauen sich bis zu sieben Millionen Menschen jeden Montag an. Sieben Millionen.

Rach studierte Mathematik und Philosophie, vielleicht kann er den Erfolg dieser All-in-one-Show besser erklären, vielleicht ist das alles viel komplizierter, als ein einfacher Fernsehkritiker jemals begreifen kann. Matthias Kalle

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