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Medien: Radio zum Runterladen

Tim Renner gründet einen interaktiven Sender

Herr Renner, wenn Sie sich durch die Berliner Radiolandschaft zappen, was hören Sie da?

Das klingt frischer als in anderen Regionen Deutschlands. In Berlin gibt es einige Private, die gleich klingen. Aber die öffentlichrechtlichen tun längst, was mit einer Musik-Quote gefordert wird. Sie sorgen für ein abwechslungsreiches Programm, inspirieren sogar die Privaten.

Trotzdem will Ihr neuer Radiosender „Motor FM“ eine Nische besetzen, die es in Berlin überhaupt nicht gibt.

Was der RBB nicht kann, ist: alles abzudecken. Die Philosophie bei „Radio Fritz“ und „Radio Eins“ ist eine altersorientierte. „Motor FM“ glaubt nicht an ein Alterscluster, sondern an Neugierde.

„Motor FM“ startet heute versuchsweise auf der Frequenz 104,1. Um die reguläre Frequenz 106,8 bewerben sich noch 25 andere Sender. Die Entscheidung steht Anfang Oktober an. Warum sollte man sich für Sie entscheiden?

Wir wollen Lücken füllen, auf Neuheiten, vor allem aus Deutschland, setzen. „Motor FM“ ist die einzige Station, die sich nicht ausschließlich über Werbung finanziert, sondern auch Musik verkauft: als Downloadradio. Die Digitalisierung, die die Musikindustrie erwischt hat, wird auch die Radios treffen. Mit „Motor FM“ tritt das Radio erstmals als Händler auf. Bei uns kann jeder Song, der gespielt wird, parallel aus dem Internet heruntergeladen werden.

Ein Verkaufsradio?

Natürlich steht das Entdecken der Musik im Vordergrund. Aber das tat es auch beim Plattenhändler alter Prägung. Seine Neuentdeckungen hielt der Ihnen auch begeistert entgegen. „Motor FM“ versucht, gleich zwei Probleme der Musikwirtschaft zu lösen – Kommunikation und Distribution von Musik.

Sind Radiohörer und Musikkonsumenten schon so weit?

Das beweist der Erfolg von iTunes. Der Bundesverband der Musikindustrie geht davon aus, dass 2005 mindestens 15 Prozent des Umsatzes per Download aus dem Internet gemacht werden. Obwohl das Angebot, vor allem was kleine Labels angeht, noch äußerst lückenhaft ist.

Was bedeutet eine selbst auferlegte Quote für das Programm von „Motor FM“?

Mindestens 50 Prozent der Songs sind Neuheiten. Davon sind die Hälfte Produktionen aus Deutschland. Da jeder fünfte deutsche Künstler aus Berlin kommt, ist die Quote ein Heimspiel. Wir senden aus der Wohngemeinschaft Deutschland. Daneben wird es Nachrichten geben und Beiträge zur Kunst – eine Art junges Feuilleton im Radio.

Diese Woche wird im Bundestag über die Einführung einer Quote für deutschen Pop im Radio diskutiert. Wie geht das aus?

Was ich mir von der Politik verspreche, ist das klare Bekenntnis, dass durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten eine kulturelle Vollversorgung geboten werden muss. Selbst in Zeiten von Hartz IV kriegt man eine wirtschaftliche Genesung nur durch eine mentale Zufriedenheit der Menschen. Dazu gehört eben die Kultur.

Das Gespräch führte Stefan Schweiger

Tim Renner , 39, seit 17 Jahren im Musikgeschäft, zuletzt Chef Universal Deutschland. Neuestes Projekt: der interaktive Radiosender „Motor FM“, zunächst auf Frequenz 104,1.

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