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Arbeit beim beim „Völkischen Beobachter“: Paula Schlier und der Hitlerputsch.

© Valerio Agolino

Reporterin gegen Hitler: Recherche in der Höhle des Löwen

Ein ARD-Dokudrama porträtiert die mutige Journalistin Paula Schlier, die under cover in Hitlers Hetzblatt „Völkischer Beobachter“ recherchierte.

Ob sie Maschine schreiben könne? Sie kann. Also wird Paula Schlier gleich eingestellt: beim „Völkischen Beobachter“ in München, dem Propagandablatt der 1923 aufkommenden braunen Bewegung. Paula Schlier ist politisch hellwach. Die couragierte Journalistin hat bereits Artikel über den Antisemitismus der NSDAP publiziert. Außerdem musste sie in einem Lazarett hautnah erfahren, wie der Erste Weltkrieg Menschen zerstörte.

Wollen die Nazis nun einen neuen Krieg heraufbeschwören? Das will Paula Schlier herausfinden. Also begibt sie sich zu Recherchezwecken direkt in die Höhle des Löwen. Verdacht schöpft niemand. Die zierliche Tippse wird unterschätzt. In einem Quartheft führt sie derweil Buch über den Alltag in der Redaktion, in der „getrunken, geraucht und mit Waffen gespielt“ wird.

Paula Schlier gilt als eine der ersten investigativen Journalistinnen und eine der wichtigsten weiblichen Stimmen gegen den Nationalsozialismus im deutschsprachigen Raum.

Annette Steinsiek, Ursula A. Schneider, Herausgeberinnen der Tagebücher von Paula Schlier

Den vereitelten Hitlerputsch vom 9. November 1923 bekam sie aus nächster Nähe mit. Viele dachten damals, die braune Bewegung sei damit Geschichte. Ein Blick in Paula Schliers 1926 erschienenes Tagebuch hätte als Warnung davor dienen können, was 1933 mit der Machtergreifung der Nazis Wirklichkeit werden würde.

Oliver Halmburger, Spezialist für zeithistorische Themen, realisierte diese aberwitzige Geschichte im Stil eines Dokudramas: „Hitlerputsch 1923 – Das Tagebuch der Paula Schlier“ (ARD-Mediathek). Lea van Acken, bekannt aus Hans Steinbichlers „Das Tagebuch der Anne Frank“, schlüpft in die Rolle der mutigen Reporterin.

Reicht sie einem hungrigen Kind einen Keks, so wirkt das schon etwas kitschig. Dennoch gelingt Halmburger die sehenswerte Annährung an eine vergessene Reporterin. Sie erprobte jenen investigativen Journalismus, dessen Methode ein halbes Jahrhundert später Günter Wallraff und sein Buch über die „Bild“-Zeitung berühmt machen sollte.

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