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Medien: Richtig glaubwürdig

Bin Ladens perfekte PR-Strategie: Er setzt um, was er ankündigt

„Osama bin Laden ist so gefährlich, weil er eine klare PR-Strategie anwendet: Glaubwürdigkeit“, sagte Elmar Theveßen, Chef vom Dienst beim ZDF. Vielleicht war das die interessanteste These der Podiumsdiskussion „Terrorakte in den Medien“ anlässlich der Frankfurter Journalistentage 2003. „Diese Strategie unterscheidet sich wesentlich von dem, was unsere Medien vermitteln: ein großes Durcheinander, das eher desinformierend als informierend wirkt.“ Zur Begründung der selbstkritischen These verwies Theveßen auf die „Kriegserklärung“ des Terroristen im Jahr 1998 an Amerika. Wenig später geschahen die Anschläge in Kenia bis hin zum 11. September: Osama bin Laden setzt um, was er sagt. Kursierende CD-Roms enthalten seine Ansprachen, Filme von den Anschlägen sowie alle geeigneten Propaganda- Informationen, die eines belegen: Diesem Mann kann man glauben: „Das ist perfekte PR.“

Die Medien ständen dabei vor einem Dilemma, findet Buchautor Oliver Schröm: „Wenn berichtet wird, wird der Terror in die Wohnzimmer transportiert. Selbst wenn die Medien zurückhaltender über den Terror informieren würden, wäre das keine Lösung. Die Folge wären noch brutalere Terrorakte, beispielsweise in der Größenordnung des 11. September, an denen kein Medium mehr vorbeikommt.“

Horst Teltschik, Wirtschafts-Lobbyist und Ex-Politiker, ist besorgt, weil er der Politik Kurzsichtigkeit unterstellt: „Europa und speziell Deutschland haben nur unzureichende Informationen über die Geschehnisse. Vieles kommt von den Amerikanern, und wenn sie uns informieren, dann nur über das, was sie uns wissen lassen möchten. Zudem fehlt eine Strategie der Europäer, die nur reagieren, statt zu gestalten. Wie im ehemaligen Jugoslawien. Jahrelang wurde weggeschaut, dann unter Druck gehandelt.“ Reagiert werde nur punktuell. Ähnlich argumentierte der Islamwissenschaftler Hans-Peter Raddatz: „Es gibt eindeutige Defizite, was die Analysefähigkeit des Westens über die islamische Welt angeht. In Deutschland radikalisieren sich unbemerkt immer mehr Muslime, doch wie, das weiß man nicht.“

Das sieht der Präsident des Bundeskriminalamts, Manfred Klink, ähnlich: „Uns fehlt der Einblick, wie diese Leute denken.“ Vielleicht könnte der andere Blick den Medien helfen, wie Elmar Theveßen findet: „Die Medien müssen sich für andere Blickwinkel öffnen. Wir versuchen das durch unsere Kooperation mit Al Dschasira.“ Hier wie im gesamten arabischen Fernsehen könne man sehen, dass die arabische Welt den Westen mindestens so bedrohlich empfindet, wie umgekehrt. „Und das muss man ernst nehmen, weil man sonst nichts versteht“, sagte Raddatz.

Hardy Prothmann

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