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Sonja Zietlow und Daniel Hartwig werden die RTL-Show "Ich bin ein Star - Holt mich wieder raus" wie gewohnt moderieren.

© dpa

Update

RTL-Dschungelcamp in Australien absagen?: Lasst sie labern!

Am Freitag startet die alljährliche RTL-Dschungelshow dort, wo es brennt - in Australien. Darf das sein? Es darf. Ein Kommentar.

Australien brennt, das "Dschungelcamp" pennt? Die schweren Wald- und Buschbrände Down Under werden den Privatsender RTL nicht davon abhalten, seine Dschungelshow "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" am 10. Januar zu starten, Zwar werden die Regeln verschärft - kein Lagerfeuer, nur Gaskocher, Rauchen nur an der Kochstelle, kein Verzehr von lebenden Tieren -, doch die Grundkonstellation ist wie immer: Zehn mehr oder weniger bekannte Kandidaten werden versuchen, sich nach 16 Tagen zum Dschungelkönig/zur Dschungelkönigin krönen zu lassen.

Also Business as usual? Oder ungeheurer Zynismus, wenn andernorts, aber eben in Australien Menschen ihr Leben, ihr Hab und Gut retten wollen, Feuerwehrleute ihr Leben aufs Spiel setzen. Und in Deutschland werden wieder Millionen Zuschauer dem Labern im Lager lauschen, sie werden lästern, den Daumen heben oder senken. Amüsement auf Kosten von Sonja Kirchberger oder Günther Krause, während - leichter Schauder - Brandgeruch durchs Wohnzimmer zu ziehen scheint. Im Camp liegen Evakuierungspläne bereit, noch so ein Thrillfaktor.

Der Kommerzsender RTL wird auf das Spektakel nicht verzichten wollen, bis zu 200 Mitarbeiter sind vor Ort engagiert, das "Dschungelcamp" kostet ordentlich Geld, da sollen und müssen im Gegenzug die Werbemillionen fließen.

Wen haben die Brände in Brandenburg gejuckt?

Alles schlimm? Das Publikum der Show interessiert sich nicht für den Dschungel, es interessiert sich für das Dschungelcamp, für mitmenschliche Unzulänglichkeiten, Schwächen, fürs Entblößen auf dem Boulevard der Eitelkeiten. Dafür muss sich keiner interessieren, dafür können sich aber jene interessieren, die sich dafür interessieren. Warum soll das Fernsehverhalten geändert werden, wenn am Alltagsverhalten festgehalten wird? Erinnert sei an die Waldbrände 2019 in Brandenburg oder die Moorfeuer in Niedersachsen. Hat das jemand in Berlin gejuckt, wurden Grillabende abgesagt, wurden Sammelbüchsen für die Feuerwehrleute herumgereicht? Nichts davon ist bekannt geworden.

The show can go on. Sie ist so doof wie harmlos, zugleich ein sehr gut funktionierendes TV-Event. Was hier gesagt und gelästert wird, ist im Vergleich zur gängigen Social-Media-Tonart freundlich. Und es würde nicht weniger doof und nicht weniger harmlos, wenn das Dschungelcamp in einem deutschen Fernsehstudio aufgeschlagen würde. Die Australian Open sollen wie geplant vom 20. Januar an in Melbourne stattfinden, am selben Ort soll die Formel 1 im März starten. Und wieder werden Zuschauer in Australien und in Deutschland vor den Bildschirmen mit Tennis und Motorsport hängen.

Sportevents in Australien taugen so wenig zum moralischen Kompass wie das "Dschungelcamp" Down Under. Derartige Unterhaltung taugt dazu, das eigene Unterhaltungsbedürfnis zu überprüfen. Und das kann wirklich hart werden. Wir amüsieren uns gerne unter Niveau, da kann es brennen, wo immer es brennt.

SPD-Politiker befürwortet Absage

PS: Der SPD-Politiker Karl Lauterbach hat unterdessen an RTL appelliert, dieses Jahr das Dschungelcamp abzublasen. „Ich finde es angemessen, während dieser Brände die Sendung ,Dschungelcamp', die ich persönlich aber auch grundsätzlich entbehren könnte, dort nicht weiter zu drehen“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte der „Bild“-Zeitung. „Das Ganze erinnert an den Tanz auf dem Vulkan.“

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