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Medien: Verlagsschach

Bauer, Springer und die „Hamburger Morgenpost“. Wem gehört die Zeitung?

„Wir sind ganz selten unterschiedlicher Meinung. Wir mögen uns“, sagt Frank Otto über Hans Barlach. Die beiden haben vor vier Jahren von Gruner + Jahr völlig überraschend die „Hamburger Morgenpost“ gekauft. Überraschend deshalb, weil die beiden eines ganz bestimmt nicht waren: erfahrene Zeitungsleute, die wissen, wie man ein Blatt managt, an dem schon so viel herumexperimentiert worden ist. Vier Jahre lang praktizierten Otto und Barlach learning by doing. Als es dann zu Schwierigkeiten mit der Druckerei kam, erzählt Frank Otto im Gespräch mit dem Tagesspiegel, „da habe ich gemerkt, dass wir einfach nicht genügend Knowhow haben. Deshalb habe ich mir einen erfahrenen, mittelständischen Verleger als Dritten im Bund mit an Bord holen wollen.“ Otto sprach mit Christian Heinrich, der 77-jährigen Springer-Eminenz bei den „Kieler Nachrichten“, die vom Januar 2004 an die „Hamburger Morgenpost“ drucken wird. Heinrich zeigte sich interessiert, verhandelte mit Otto, und die beiden wurden handelseinig, dass Otto die Hälfte seiner Anteile, also 33,47 Prozent, an Heinrich verkauft. „Dann wären wir drei Gesellschafter gewesen, jedem hätte ein Drittel gehört.“ Barlach erfuhr von dem am 22. Oktober notariell beglaubigten Vertrag erst zwei Tage später. Das war der Beginn eines Gesellschafterstreits, bei dem die beiden Konzerne Bauer und Springer eine Rolle spielen.

Die „Hamburger Morgenpost“, die jeder in Hamburg liebevoll „Mopo“ nennt, ist ein kleinformatiges, dünnes Blättchen, von dem täglich nur 110 000 Exemplare verkauft werden. Und eine Zeitung, die man sicherlich sehr viel besser machen könnte. Aber sie hat Tradition und auf dem monopolisierten Zeitungsmarkt in Hamburg eine große Bedeutung. Mit ihren 54 Jahren hat sie eine lange, wechselvolle Geschichte hinter sich. Sie ist die einzige Zeitung, die der Marktmacht des Goliath Springer standhielt und nicht wie alle anderen in Hamburg und Umgebung von Springer gekauft oder erdrückt wurde. Als Boulevardblatt kämpft die „Mopo“ ohnmächtig gegen die Hamburg-Ausgabe von „Bild“ an. Ihr einziges Pfund im Wettbewerb mit dem großen, konservativen Zeitungshaus ist die Tatsache, dass sie nicht Springer gehört.

An den „Kieler Nachrichten“ ist Springer direkt und indirekt beteiligt. Barlach wehrte sich deshalb gegen die Beteiligung von Christian Heinrich und begründet dies mit der großen Nähe zu Springer, der seinen Einfluss vergrößern könnte. Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner war früher selbst mal „Mopo“-Chef und riss sie in tiefrote Zahlen. Zudem hegt Barlach Misstrauen, weil Otto und Döpfner sich kennen, treffen und sich auf dem Radiomarkt, in dem sowohl Springer als auch Frank Otto aktiv sind, ständig begegnen. Barlach nahm daher fristgerecht Gebrauch von seinem Vorzugsrecht, konnte jedoch nicht binnen der vorgeschriebenen zehn Tage die notwendigen finanziellen Mittel selbst auftreiben. Die besorgte er sich nun, wie der Tagesspiegel gestern berichtete, von der Bauer Verlagsgruppe, die wiederum seit einiger Zeit für die „Mopo“ den Vertrieb organisiert. Laut Barlach seien er und Heinz Bauer sich persönlich bekannt. Gesellschafter oder Käufer wolle Bauer bei der „Mopo“ zwar nicht sein, sagte Verleger Heinz Bauer am Mittwoch. Er will jedoch verhindern, dass Springer Einfluss auf die „Mopo“ gewinnt. „Wir sind daran interessiert, dass es weiterhin zwei Zeitungen in Hamburg gibt“, fügte Bauer hinzu.

Springer druckt, Bauer vertreibt, ein Springer-Mann soll als Miteigner verhindert werden, und dafür wird mit Bauer-Geld und der Sicherheit von 33 Prozent der „Mopo“-Anteile der andere mächtige und ebenfalls konservative Massenverleger ins Boot geholt.

Barlach behauptet nun, verkauft sei verkauft, im Vertrag zwischen Otto und Heinrich stünde die Klausel, dass für den Fall, dass er, Barlach, sein Vorkaufsrecht ausübe, der Verkauf rückabgewickelt würde. Dies sei bereits geschehen, er habe sein Vorkaufsrecht ausgeübt, die mehr als 1,6 Millionen Euro seien bezahlt, also sei er mit 67 Prozent der neue Mehrheitsgesellschafter. Otto müsse endlich seine Anteile an ihn übertragen.

Otto dagegen sagt, er sei und bleibe Mehrheitsgesellschafter. Da Barlach dem Verkauf an Heinrich nicht zugestimmt habe, sei der Verkaufsvertrag nichtig, er wurde einvernehmlich aufgehoben, also habe er nicht verkauft und habe dies nun auch nicht mehr vor. Zudem spricht Otto von angeblichen Formfehlern in dem Vertrag. Barlach widerspricht und sagt, Ottos Argumentation sei „kindisch“. Das Ganze riecht nach einer juristischen Auseinandersetzung. Barlach macht keinen Hehl aus seinem Interesse. „Ich wollte meine Anteile aufstocken. Jetzt bin ich mit einer komfortablen Mehrheit ausgestattet“.

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