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Medien: „Wer dreimal versagt, wird abgesetzt“

Mit Talkshows wurde Medien-Kontor-ChefTheo Baltz bekannt, der Medienkrise will er mit Fernsehfilmen trotzen

Sie feiern dieses Jahr mit „MedienKontor“ Ihr 25-jähriges Jubiläum. Sind Sie angesichts der Medienkrise überhaupt in Feierstimmung?

Durchaus. Die viel beschworene Medienkrise ist oft hausgemacht. Denn von dem Zusammenbruch des Kirch-Konzerns sind vor allem kleinere Produktionsfirmen, die sich auf TV-Movies spezialisiert haben, betroffen. Da wir als Mittelständler aber vielfältig aufgestellt sind, fällt das Haus nicht gleich zusammen, wenn mal eine Säule wegbricht. Ich bin aber auch der Meinung, dass man mal gegen den Strom schwimmen muss. Deshalb machen wir seit kurzem auch TV-Movies.

Zum Beispiel?

Noch ist nichts in trockenen Tüchern. Wir verhandeln noch.

Was für eine Art von Filmen schwebt Ihnen vor?

Wir wollen mit unseren Autoren Filme entwickeln, die ein Publikum begeistern – thematisch angesiedelt zwischen geschichtlichen Stoffen als auch solchen von aktueller Brisanz. Da schwebt nicht immer der Grimme- Preis als Gedankenblase über meinem Kopf. Wenn ich die Chance gehabt hätte, den „Schuh des Manitu“ zu produzieren, wäre ich der Letzte gewesen, der das abgelehnt hätte.

Was hat Sie als gebürtiger Kieler Anfang der 70er Jahre nach Berlin verschlagen?

Die Wehrdienst-Befreiung war nicht der Grund, auch nicht die 68-er-Bewegung – obwohl meine erste Wohnung in Charlottenburg neben der Kommune 1 war. Da habe ich aber nie einen Fuß hineingesetzt. Berlin hat mich schon von Kindheit an fasziniert. Für mich war relevant, dass sich in Berlin die kreativen Kräfte der Republik bündelten, dass ich meine Zukunft gestalten wollte, und die war nicht der Straßenkampf.

Ihre Firmengruppe arbeitet in vielen Bereichen – Sie konzipieren und realisieren komplette TV-Sendungen, sind technischer Dienstleister, kreieren Online-Auftritte und versorgen Radiosender mit Programmen. Wo sehen Sie dieses Jahr die größten Chancen?

Kleinere Unternehmen sind gefordert, neue, kreative Formate im TV-Bereich zu entwickeln, und das tun wir. Denn das Fernsehen braucht trotz der schlechten Wirtschaftslage innovative Programme, um seine Werbezeiten zu verkaufen. Unsere Schwerpunkte bleiben das Infotainment und Magazine wie „BIZZ“ auf Pro7 und „Die Geo-Reportage“ auf Arte. Ein weiteres wichtiges Standbein sind TV-Galas wie zum Beispiel die für Sir Peter Ustinov im ZDF oder die Hans-Dietrich-Genscher-Geburtstagsgala bei der ARD. Und auch bei Talkshows sehe ich noch Potenzial. Da werden wir dieses Jahr sicher noch etwas Neues an den Start bringen.

Eine politische Talkshow? Ist der Markt nicht langsam übersättigt?

Nein. Wo immer eine Polit-Talkshow etabliert wird, wie jetzt kürzlich „Gysi und Späth“ beim MDR, erringt sie stattliche Einschaltquoten. Die Menschen sind an Informationen aus erster Hand interessiert. Klar, Tageszeitungen und Magazine informieren sehr viel umfangreicher und hintergründiger. Doch in der Talkshow sieht man die Entscheidungsträger in der Interaktion, was oft viel aussagekräftiger ist als das Wort. Und Talkshows sind in der Produktion vergleichsweise günstig, was in Zeiten des knappen Geldes ein Vorteil ist.

„Gysi und Späth“ wird von TV 21 produziert, der Firma Ihrer Ex-Frau, die hier nur eine Etage tiefer sitzt. Hätten Sie es gern selbst gemacht?

Die Frage hat sich nicht gestellt und ist somit rein hypothetisch. Nein, eher nicht. Aber der Zuschauererfolg zählt, nicht die Kritiken.

Wie fanden Sie den Start von „Gysi und Späth“?

Mal abgesehen von der Diskussion um seine politische Vergangenheit, war ich von dem sonst vor Fantasie so sprühenden Gysi enttäuscht. Vielleicht war er aber auch einfach noch zu aufgeregt in seiner neuen Rolle. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob man Politiker zu Moderatoren machen sollte.

Und – sollte man?

Ich glaube eher nicht, der Seitenwechsel fällt den meisten schwer.

Bekommen Sie viele Anrufe von Politik-Aussteigern?

Es gibt und gab immer mal wieder Gespräche mit Ex-Politikern, aber andienen tun sich die Damen und Herren nicht.

Was stört sie an politischen Wort-Duellen – dass oft keine klaren Worte gesprochen werden?

Der einzige Mensch der Republik, der klare Worte spricht und dem das auch verziehen wird, ist Dieter Bohlen. Das wird in dieser Wirkungsweise kein Politiker hinbekommen. Nichtsdestotrotz sollten Politiker sich um mehr Glaubwürdigkeit und Geradlinigkeit bemühen, denn die Bürger wollen nicht für dumm verkauft werden.

Dennoch kämpfen die Moderatoren mühsam gegen die Sprechblasen Ihrer Gäste an. Ihre Ex-Frau Sabine Christiansen musste sich oft den Vorwurf der „Stichwortgeberin“ anhören.

Ein Moderator hat sich moderat im Hintergrund zu halten und nicht in Monologen sein Wissen und seine Meinung auszubreiten, um dann von den Gästen abgenickt zu werden. Erich Böhme hat einmal gesagt, dass es eine gute Sendung ist, wenn er mal 15 Minuten nicht zu Wort kommen muss.

Das sieht Michel Friedman sicher anders.

„Vorsicht, Friedman“ würde ich auch nicht eine klassische Talkshow nennen. Das kann man mögen oder auch nicht.

Wohin wird der Trend dieses Jahr im Fernsehen gehen?

Die großen Familienshows werden immer wichtiger werden – in Zeiten von Kriegsgefahr und Terror rücken die Menschen näher zusammen. Gleichzeitig sehe ich im TV-Movie-Bereich noch großen Bedarf an Verfilmung deutscher Geschichte. Die Zeit zwischen den Weltkriegen zum Beispiel ist bislang kaum thematisiert worden. Die Quizshow wird bleiben, sie ist so etabliert und beliebt wie das Kreuzworträtsel.

Wem trauen Sie im kommenden Jahr besonders viel zu?

Sicher gibt es einige, die ich interessant finde. Doch der Markt heute ist ein anderer als vor zehn Jahren. Heute wird vielen nicht mehr die Chance gegeben zu zeigen, was sie können. Wer dreimal in den Quoten versagt, wird abgesetzt. So kann man keine Gottschalks und Jauchs mehr entdecken.

Während sich im Fernsehen die politische Diskussion etabliert hat, gewinnen im Print-Bereich die bunten Blätter. Nun waren Sie selbst eine Zeit lang mit Ihrem Privatleben in der Klatschpresse. Hat Ihnen das beruflich geschadet?

Jeder, der das mal durchgemacht hat, weiß, was das bedeutet. Ich wollte noch nie gern Person des öffentlichen Interesses sein, und ich habe mich auch nicht dazu machen lassen. Gott sei Dank wissen die Leute, mit denen ich spreche, was sie von dieser Art der Berichterstattung zu halten haben.

Ihrer Lebensgefährtin Ulla Kock am Brink hat es geschadet. Sie ist vom Bildschirm verschwunden.

Sie ist in Gesprächen. Sobald es ein Format gibt, das zu ihr passt, wird sie auf den Bildschirm zurückkehren.

Das Gespräch führte Silke Bender.

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