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Die Frage nach der Schuld. Die Entführung ihrer Tochter belastet Kathrin (Miriam Stein) und Thomas Ortrup (Golo Euler) über die Maßen.

© dpa

ZDF-Krimi "Die Schattenfreundin": Trau keiner über 30

Ein ZDF-Thriller lässt eine Freundin zur „Schattenfreundin“ werden. Weil sie den Sohn von Kathrin entführt

Es ist passiert, wahrscheinlich das Schlimmste im Leben einer Mutter. Ihr Sohn Leo (David Grüttner) ist verschwunden. Vom Spielplatz, den Kathrin Ortrup (Miriam Stein) eines Notfalls in der gynäkologischen Praxis wegen verlassen musste. Tanja (Britta Hammelstein) hatte versprochen, auf Leo aufzupassen. Die beiden Frauen hatten sich angefreundet.

Kathrin Ortrup, sowieso schon wegen neuer Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht gerade in stabiler Lebenslage, wird nervös und nervöser, ihr Sohn bleibt trotz intensiver Polizeisuche unauffindbar. Kommissarin Charlotte Schneidmann (Jule Ronstedt) konfrontiert sie mit der Nachricht, dass es gar keine Tanja gibt. Niemand kennt diese Frau, ihre Handynummer ist nicht vergeben, und in dem Haus, in dem sie laut Kathrin wohnt, öffnet eine andere Frau. Als sich „Tanja“ endlich meldet, stellt sie eine ungeheuerliche Forderung, wenn Katrin ihren Sohn lebendig zurückhaben will.

Wer den Roman „Die Schattenfreundin“ von Christine Drews, Vorlage des gleichnamigen ZDF-Fernsehfilms, gelesen hat, der weiß, welch mörderischen Inhalt die Erpressung hat. Wer den Roman nicht kennt, der wird mit Kathrin in die Achterbahn gesetzt. Sie will Tanja/Annabell unbedingt finden, über deren Verlangen sprechen und endlich ihren Leo wieder in die Arme schließen können.

Risse in der Beziehung

Die Ärztin hat Druck noch von anderer Seite. Seit ihrem Umzug von Frankfurt nach Bonn hat die Beziehung zu ihrem Mann (Golo Euler) Risse bekommen, Thomas ist beruflich noch an Frankfurt gebunden. Dort hatte Kathrin einen Burnout erlitten, war an die Stadt am Rhein gewechselt, um die Praxis ihres gesundheitlich angeschlagenen Vaters Franz Siebmacher (Harald Krassnitzer) zu übernehmen.

Papa ist die große Stütze. Er bietet Heim und Heimat, Trost und Erklärung, wo der von ihm nicht so sehr geschätzte Schwiegersohn wenig mehr als nur emotionale Defizite anbietet. Sein Wort hat mehr Gewicht für die Tochter als das des eigenen Ehemanns. Und ausgerechnet dieser Bär von einem Vater und Großvater wird der Schlüssel in der Tanja/Annabell-Frage. Und alle haben ihre größeren und kleineren Geheimnisse, Liebe scheint nur ein Wort, Offenheit nur ein anderes.

Der ZDF-Film „Die Schattenfreundin“ spielt in einem engen Familienkosmos. Der Ort tut nichts zur Sache, es wird viel Auto gefahren, viel telefoniert, lange ist es ein Fall von nebenan, die düstere Gesamtatmosphäre dieser verregneten, tagesdunklen Welt spiegelt die innere Verfassung der Protagonisten. Die Kamera von Andreas Zickgraf schaut die Figuren sehr direkt an, die Anspannung, die Verzweiflung, die Wut bekommen Gesichter.

Regisseur Michael Schneider will nicht die großen Gesten, den großen Auftritt, es ist ihm um die Psychologie der handelnden Personen zu tun. Wo Einstellungen zu Taten werden, wo Aktionen Reaktionen auslösen, wo der aufgestaute Zorn Lösung, vielleicht sogar Erlösung will. Das muss gespielt werden können. Vielleicht ist die notwendige Bereitschaft am ehesten bei Harald Krassnitzer zu erkennen. Der Wiener „Tatort“-Darsteller trägt Halbglatze und viel zu enge Pullover über dem Embonpoint. Aber das gehört zu diesem Arzt, der sich und sein Leben ausstaffiert hat. Und weil die Frau gestorben ist, gerät jetzt die Tochter in den Klammer-Radius des Übervaters.

Hauptdarstellerin nimmt Herausforderung an

Kathrin Ortrup nimmt die Herausforderung mit all ihren Höhen und Tiefen an, Miriam Stein setzt die darstellerische Herausforderung der Zentralfigur um. Es könnte bei dieser Tochter, Mutter und Ärztin immer ein Zuviel oder ein Zuwenig an Identifikationsangeboten für das Publikum geben. Miriam Stein aber hält die Kathrin Ortrup in ihrer eigenen Persönlichkeitswelt fest – und so entsteht diese Spannung, die das tiefere Interesse des Zuschauers auslöst.

Golo Euler hat es da schwerer. Sein Thomas Ortrup hat nicht den Spiel- und Entfaltungsraum. Nur selten ist er auf dem Wissens- und Erkenntnisstand seiner Frau, er fühlt sich ausgespart und ausgesperrt. Aber Golo Euler hält seine (Funktions-)Figur in der Spur. Mal nah an, mal fern von der Sympathie. Kleiner, nicht unangenehmer Sidegag: Helmut Berger spielt die Sozialarbeiterin Margarethe.

Und am Ende fallen zwei Schüsse.

„Die Schattenfreundin“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

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