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Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr Garten … und ich: Aus Liebe zur Ruine

Seit Tagen sortiert meine Frau alte Gartenzeitschriften. Bin ich nicht ganz unschuldig dran. In der Nachweihnachtszeit war sie nämlich plötzlich auf die Idee gekommen, wir sollten mal den Keller aufräumen.

Von Andreas Austilat

„Du könntest ein paar von deinen alten Zeitschriften aussortieren“, hatte sie nicht locker gelassen. Um des Friedens Willen war ich in den Keller gegangen und dort auf meine Sammlung mit Lucky-Luke-Alben gestoßen, die ich flugs zum Weltkulturerbe erklärte. Schließlich hatte ich der Entsorgung einiger Computerhefte zugestimmt. Solche, in denen es um Floppy Disks ging, obwohl, das ist ja irgendwie auch ein Dokument der Zeitgeschichte. Viel größeren Handlungsbedarf sah ich bei den zwei Metern Gartenzeitschriften, die dort lagerten.

Meine Frau mag Gartenzeitschriften sehr. Sie schreckt nicht mal davor zurück, im Urlaub welche zu kaufen, selbst in Ländern, deren Sprache sie nicht spricht, weil man da angeblich wertvolle Anregungen bekäme. Seitdem sitzt sie da und schneidet Artikel aus. Sie hat bereits mehrere Stapel beisammen.

Einen würde ich mal unter dem Thema „Bauvorhaben“ zusammenfassen. Man sieht dort sehr viele unverputzte Mauern, alte Vitrinenschränke, von denen der Lack abblättert, Regale, ebenfalls im Shabby-Look, und, der Clou, ein vergammeltes Fenster auf einem kleinen Feldsteinmäuerchen, das wie eine Art Raumteiler mitten in die Vegetation gestellt wurde. Das Thema romantische Ruine ist offenbar schon seit längerem eine immer wiederkehrende Idee von Gartendesignern.

„Schatz“, sagte ich nicht ohne Sorge, „du hast doch nicht vor, unseren alten Küchenschrank auf die Terrasse zu stellen.“ Bei selbigem handelt es sich um ein Erbstück aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts, der mich seit meiner allerersten Wohnung bei jedem Umzug begleitet hat. Ich habe mal einen Versuch unternommen, ihn aufzuarbeiten, allerdings in einem sehr frühen Stadium wieder abgebrochen. Seitdem ist er nur noch teillackiert. Aber ich mag ihn.

„Nein“, sagte sie, „wobei, die Idee ist nicht schlecht.“ Dabei legte sie ein Blatt auf einen weiteren etwas kleineren Haufen, der mein Interesse weckte. Ich ließ die Stapel „neue Rosen“ und „Kübelpflanzen“ unberührt und guckte mir diesen etwas genauer an. Es ging um Gemüse. Die kompakte „Zucchini Black Beauty“ und die Aubergine „Ophelia“ hatte sie angestrichen. Beide gedeihen in Töpfen und scheinen dabei auch noch hübsch zu blühen.

„Finde ich gut“, sagte ich. Immer noch träume ich davon, dass uns der Garten eines Tages ernährt. „Guck mal, wie findest du die hier“, dabei zeigte ich auf eine Zierpaprika, die dort keck als „Naschzipfel“ bezeichnet wurde, um diesen Stapel noch etwas aufzuwerten. Aber meine Frau interessierte sich schon wieder für olle Ruinen. Hoffentlich geht das wieder weg.

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