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Auf zum Meer. Das Designduo Botter dekoriert seine Models mit Gummitieren.

© AFP

Berlin Fashion Week: Mode mit Aussage

Das niederländische Designerduo Botter macht auf Armut und Umweltverschmutzung aufmerksam.

Ein Mann geht am heißen Sandstrand entlang, er trägt einen langärmeligen Pullover unter einem kurzärmeligen Hemd, dazu eine lange, weite Hose zum Schutz vor der brennenden Sonne. Auf seinem rechten Arm hat er Sonnenhüte gestapelt, große Krempe ganz unten, Panamahüte oben. Links trägt er einen Stapel Baseballkappen, sie tragen die Flagge des mittelamerikanischen Staats oder Sprüche wie ‚I love Caribbean‘. Als Stilvorbild sieht sich der Hutverkäufer wahrscheinlich nicht, doch Botter, niederländisches Designerduo mit karibischen Wurzeln, hat sich von ihm und anderen Verkäufern zu Kollektionen inspirieren lassen, die Armut, Korruption und die koloniale Geschichte der Karibik thematisieren.

Rushemy Botter, ausgebildet an der Könglichen Akademie in Antwerpen, kam in Curaçao zur Welt und wanderte im Alter von drei Jahren mit seinen Eltern nach Holland aus. Seine Designpartnerin Lisi Herrebrugh stammt mütterlicherseits aus der Dominikanischen Republik. Die beiden lernten sich in Amsterdam kennen und machen nun auch nach dem Studium zusammen Mode. Ihr gemeinsames Label Botter sitzt in Antwerpen und hat im letzten Jahr international viel Aufmerksamkeit bekommen. Zuerst gewannen die beiden den großen Preis beim wichtigen Modefestival in Hyères, dann waren sie für den LVMH Award nominiert. Nun holte Mercedes-Benz das Duo auf seine Fashion Week, wo sie die Modewoche eröffnen.

„Fish or Die“ hieß die erste Herrenkollektion, mit der die beiden Niederländer in Hyères abräumten. Auch in Berlin war sie wieder Teil der Laufstegpräsentation. Damit machen sie auf die Fischer aufmerksam, die durch Verschmutzung und Überfischung der Ozeane ihrer Lebensgrundlage beraubt werden.

Zu sehen gab es Fischernetze in Meerestürkis, die die Modemacher selbst geknüpft haben – und zwar so, wie es ihnen die Fischer in der Karibik gezeigt haben. Die Netze wurden hinter den Models hergezogen oder in sonnigen Gelbtönen zu Oberteilen umfunktioniert. Die Models trugen aufblasbare Delfine und Clownfische auf den Köpfen, ebenso wie T-Shirts mit dem Logo von Shell, allerdings ohne das S. Eine weitere Erinnerung daran, dass die Meere voller Plastikmüll sind, präsentierten sie in Form einer Jacke, für die sie Mülltüten, Kunsthaar, Moskitonetze und Seide zu einem bunten Flickengewebe verflochten hatten. Als besonderen Styling-Kniff knoteten sie den Models ein dekoratives Mülltüten-Foulard um den Hals. „Wir spielen mit teuren und sehr günstigen Materialien und nutzen den Gegensatz, um eine Aussage zu treffen“, sagt Rushemy Botter.

Zu ihrer ersten Kollektion gesellen sich nun neue Entwürfe, denen die beiden keinen Namen geben wollen. die aber durchaus eine Aussage haben: „Ich erinnere mich, dass meine Großmutter früher immer zu den Lotterielosverkäufern ging und dort ihr letztes Geld für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ausgab“, erzählt Rushemy Botter. „Am Abend schauten dann alle Nachbarn zusammen die Lottoziehung. Die Lottoverkäufer haben wahrscheinlich auch eine Oma, die ihre Lose kauft.“ Der Lotteriebetreiber, der am meisten von der Hoffnung der Armen profitiert, sitzt in den USA.

Die Armut, die Ausbeutung durch die westlichen Länder und die Korruption in den Ländern der Karibik macht den beiden Sorgen. Als Aktivisten würden sie sich nicht bezeichnen, aber als Modedesigner wollen sie tun, was sie können: „Wir wollen auf Missstände aufmerksam machen und die Plattform, die wir haben, richtig nutzen.“Barbara Russ

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