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Die Baugrube. An dieser Stelle stürzte das Kölner Stadtarchiv ein.

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5. Jahrestag: Kölner Stadtarchiv: Sind die Baufirmen schuld?

Fünf Jahre nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs verdichten sich die Hinweise, dass Fehler beim Bau Ursache des Unglücks sind. Die Stadt Köln beziffert den Schaden bisher auf eine Milliarde Euro..

Ausgerechnet am Rosenmontag gibt es in Köln in diesem Jahr ein trauriges Jubiläum. Es ist der fünfte Jahrestag des Einsturzes des Kölner Stadtarchivs. Am 3. März 2009 versank das Gebäude in der südlichen Innenstadt in einem riesigen Loch. Zwei Menschen starben, zahlreiche umstehende Gebäude wurden beschädigt, tausende Dokumente, Bücher und andere Archivmaterialien verschwanden im Schlamm der Einsturzstelle. Warum das Stadtarchiv einstürzte, ist bis heute nicht geklärt. Doch jetzt kommen die Ermittler der Ursache immer näher.

Die nächsten Gutachter machen sich bereit für ihren Einsatz am Kölner Stadtarchiv

Seit 2012 bauen die Kölner Verkehrsbetriebe KVB und die Stadt Köln einen Schacht, über den Gutachter den Boden unter der Einsturzstelle untersuchen sollen. Inzwischen ist das sogenannte Besichtigungsbauwerk fast fertig und die Gutachter machen sich bereit für ihren Einsatz. Von ihrem Urteil hängt ab, wer für den Einsturz zur Rechenschaft gezogen wird und wer den enormen Schaden bezahlen muss.

Das eingestürzte Stadtarchiv. Luftbildaufnahme nach dem Unglück 2009.
Das eingestürzte Stadtarchiv. Luftbildaufnahme nach dem Unglück 2009.

© dpa

Die Staatsanwaltschaft und die Stadtverwaltung vermuten, dass der Grund für den Einsturz in 20 Metern Tiefe liegt. 2009 bauten Arbeiter in der Nähe des Stadtarchivs an einem neuen Tunnel für eine neue Linie der Kölner U-Bahn, die Nord-Süd-Bahn. Die Seiten der Baugrube wurden dabei von Lamellenwänden stabilisiert. Bei einer dieser Wände sollen Bauarbeiter laut Informationen des „Kölner Stadtanzeigers“ eine Lamelle beschädigt haben. Durch das Leck könnte daraufhin Wasser in die Baugrube geflossen sein, das immer wieder abgepumpt werden musste. Das Wasser habe dabei über die Jahre große Mengen Sand aus dem Gelände unter dem Stadtarchiv mitgerissen und so einen Hohlraum entstehen lassen, vermutet die Staatsanwaltschaft, die inzwischen gegen Bauarbeiter, Statiker, Ingenieure und andere Mitarbeiter der Baufirmen ermittelt.

Die Baufirmen behaupten etwas anderes über den Einsturz des Kölner Stadtarchivs

Die Baufirmen sehen das anders. Sie behaupten, dass nicht eine beschädigte Lamelle Schuld am Einsturz des Stadtarchivs war, sondern Wasser unter den Wänden der Baugrube durchgeflossen sei und so den Untergrund aufgelockert habe. In diesem Fall träfe die Baufirmen eine deutlich geringere Schuld. In den kommenden Monaten soll nun endlich geklärt werden, wer recht hat. Wenn der Schacht komplett fertig ist, sollen Spezialtaucher aus den Niederlanden die Lamellen untersuchen. Der Gutachter wird die Beweisaufnahme der Taucher per Videokamera beobachten.

Die Ergebnisse mehrerer Untergrundmessungen sprechen allerdings bereits jetzt für die Version der Staatsanwaltschaft und der Stadt Köln. Bei einer Pressekonferenz erklärte Christian Moormann, Direktor des Instituts für Geotechnik der Universität Stuttgart, am Montag, dass laut seinen Messungen der Untergrund in der Nähe der verdächtigen Lamellen deutlich lockerer sei als in dem umliegenden Bereich. Das passt zur Theorie, dass durch eine beschädigte Lamelle Wasser und Sand in die Baugrube eingedrungen sind und der Untergrund dadurch immer instabiler wurde, bis am Ende das Stadtarchiv einstürzte. Sollte auch der Gutachter Hans-Georg Kempfert zu diesem Ergebnis kommen, könnte es für die Baufirmen teuer werden. Die Stadt Köln beziffert den Schaden, der durch den Einsturz entstanden ist, bereits jetzt auf rund eine Milliarde Euro.

Allein die Bergung der Archivmaterialien kostete die Stadt rund 50 Millionen Euro. Zwei Jahre lang sammelten Restauratoren und Freiwillige die Reste der Urkunden, Karten und Bücher, die teilweise aus dem Mittelalter stammen, auf der Unglückstelle zusammen. Die wertvollen Stücke wurden anschließend getrocknet, gereinigt und Stück für Stück wieder zusammengesetzt. Rund 95 Prozent des Archivbestandes konnte so gerettet werden.

Malte Buhse[Köln]

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