zum Hauptinhalt

Panorama: Allergien: Die Pollen werden wieder flügge

Sie sind nur Mikrometer winzig, aber ihr Einfluss ist riesig: Pollen. Während sich alle Welt über Frühlingsgefühle freut, tränen den Allergikern die Augen.

Sie sind nur Mikrometer winzig, aber ihr Einfluss ist riesig: Pollen. Während sich alle Welt über Frühlingsgefühle freut, tränen den Allergikern die Augen. Überall sieht man sie jetzt mit ihren Taschentüchern. Ein Drittel der Deutschen reagiert auf Schimmelpilzsporen, Tiere, Milben - und Pollen allergisch. Hasel und Erle wirbeln bereits seit Februar durch die Luft. Gestern tappte der erste Birken-Blütenstaub in die Pollenfalle vom Steglitzer Institut für Meteorologie der Freien Universität.

Ein Dutzend Körnchen verirrten sich in die gusseiserne Konstruktion mit Windfahne und Ansaug-Vorrichtung auf dem Dach. Wenn neben den hauptstädtischen Schmutz- und Rußpartikeln umgerechnet mindestens 25 bis 45 Pollen pro Kubikmeter Luft auf den Klebestreifen haften, wird es für Menschen mit angegriffenem Immunsystem gefährlich: Ihr Körper kann nicht unterscheiden zwischen harmlosen und schädlichen Stoffen und bildet bei Erstkontakt mehr Antikörper als nötig. Beim nächsten Zusammentreffen werden diverse Krankheitsbeschwerden ausgelöst. Leiden müssen Allergiker das ganze Jahr: Nach Hasel, Erle und Birke heben von Mai bis Juli die Gräserpollen ab. Dann werden Roggen und Beifuß bis in den August hinein flügge - Spermazellen als Luftikusse. Bis zu 12 000 Pollen drängen sich in einem Kubikmeter Luft der Blütenbestäubung zu Liebe. Grafik: Pollenflug und Wetter Mit allergischen Reaktionen wie Heuschnupfen ist nicht zu spaßen, warnt Michael Silbermann, Allergologe und Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin. Wer wegen Heuschnupfens prustet und hustet, dem drohen auch asthmatische Anfälle. Achtzig Prozent aller Heuschnupfen-Erkrankungen ziehen sich Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren zu - deswegen sollten Eltern bei grippeähnlichen Symptomen auch Allergien nicht ausschließen. Jungen sind übrigens das schwächere Geschlecht, sie werden schneller allergiekrank. Die Anzahl derer, die "in der zivilisierten Welt" an Heuschnupfen und Bindehautentzündung, Asthma und Nahrungsmittel- sowie Kontaktallergie leiden, steigt ständig. Auch die zunehmende Umweltverschmutzung soll schuld daran sein. Eine Entwicklung, die nicht nur persönliche Beschwerden nach sich zieht. Auch Volkswirtschaftler reagieren auf die Statistik allergisch: Auf 1000 Versicherte kommen 60 Tage Arbeitsausfall sowie 13 Allergie-Behandlungstage im Krankenhaus.

Damit sich Betroffene rechtzeitig schützen können, betreiben die FU, der private Wetterdienst MC Wetter und ct-Arzneimittel die Pollenflugvorhersage. Das Wetter wird nach Auskunft der Meteofax-Meteorologen wieder schlechter - gute Nachrichten, zumindest für Allergiker. Weil die Kaltfrontschichten im hohen Norden gegenüber den südlichen Warmluftfronten noch nicht klein bei geben wollen, ringen sie im apriltypischen Streit mit Regengüssen, Windböen und Sonnenstrahlen über Nordeuropa. Doch es muss erst mehrere Tage lang um die zwanzig Grad warm sein, bis die Birkenpollen zum Osterflug starten: Schonfrist für Schniefnasen.

Damit sie das Taschentuch möglichst selten zücken müssen, sollten Allergiker unter anderem die Kleidung in der Wohnung wechseln - Pollen nutzen sie gern als trojanisches Pferd. Auch die Haare sollten sie lieber öfter waschen als nötig. Am besten klingt aber der Tipp von FU-Meteorologe Thomas Dümmel: "Einfach den Jahresurlaub auf die schlimmsten Tage des Jahres legen - und ab in den Süden."

Annette Kögel

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false