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Panorama: Concorde-Unglück: Die Flugschreiber zeigen Pannen über Pannen

Drei Tage nach dem Flugzeugabsturz der Concorde bei Paris wird weiterhin fieberhaft an der Aufklärung des Absturzursache gearbeitet. Allein 200 Gendarmen sind mobilisiert um die Verhöre der Augenzeugen durchzuführen, vor allem aber der Fluglotsen und jener Techniker, die noch kurz vor dem Start an der Concorde Wartungsarbeiten vorgenommen hatten.

Drei Tage nach dem Flugzeugabsturz der Concorde bei Paris wird weiterhin fieberhaft an der Aufklärung des Absturzursache gearbeitet. Allein 200 Gendarmen sind mobilisiert um die Verhöre der Augenzeugen durchzuführen, vor allem aber der Fluglotsen und jener Techniker, die noch kurz vor dem Start an der Concorde Wartungsarbeiten vorgenommen hatten. Vor dem Start hatte der Pilot auf dem Austausch einer schadhaften Schubumkehr bestanden, weil dieser angesichts der ausgebuchten Concorde mit einem defekten Teil nicht starten wollte. Während Air France den Flug auch ohne Reparatur freigegeben hatte und nach dem Unglück durch einen Sprecher beharrt: "Ein Zusammenhang zwischen dem Unglück und den Wartungsarbeiten ist nicht festzustellen".

Aber stückchenweise kommt die Wahrheit an den Tag. Ein beschädigter Motor, ein zweiter defekt, ein versagendes Bremsklappensystem und Reifenfetzen auf der Piste. Inzwischen gilt auch als sicher, dass Reifen beim Start platzten. "Diverse Teilchen haben wir entlang des ganzen Flugweges, vor allem auf der Startbahn, eingesammelt", sagt ein Sprecher der BEA, einer mit der technischen Auswertung des Unfalls beauftragten internationalen Untersuchungskommission der zivilen Luftfahrt. An die 100 000 müssen sie insgesamt finden, rekonstruieren, und sie mit den normalen Teilen einer Concorde vergleichen. Innenteile der Triebwerke wurden nicht entdeckt. Mit den neuen Erkenntnissen wurden Hypothesen entkräftet, wonach der Absturz durch einen Schaden oder fehlerhafte Reparaturen im Triebwerk selbst ausgelöst worden sei. Vielmehr richtete sich das Augenmerk nun auf die Treibstofftanks, die als erste in Brand gesetzt worden sein könnten. Die Erkenntnisse lenkten zudem die Aufmerksamkeit auf einen Vorfall vor 21 Jahren: Im Juni 1979 waren bei einer startenden Concorde in Washington zwei Reifen eines hinteren Fahrwerks geplatzt, wobei Fahrwerkssplitter die Tragfläche durchschlugen, in der sich die Kerosintanks befinden. Der Pilot konnte seinerzeit jedoch erfolgreich notlanden.

Die ersten Auswertungen der Flugschreiber und des Stimmenrekorders sind aufschlussreich: Aus dem aufgezeichneten Gespräch geht hervor, dass der Pilot wenige Minuten vor dem Crash auf den Ausfall des Triebwerks 2 hingewiesen hatte und ein wenig später auf das versagende Bremsklappensystem. Reifenfetzen können, so erste Spekulation, die Ursache sein. Die erste Auswertung beider Flugschreiber zeigen, dass nicht nur Triebwerk 2 beim Start unzuverlässig arbeitete, bis es schliesslich in der Luft ganz ausfiel, sondern auch Triebwerk 1 von Anfang an Unregelmässigkeiten aufwies. Beim Ausfall von zwei Triebwerken, so Experten, ist jeder Pilot und auch die Maschine verloren. Die Panne am Triebwerk 2 stellte der Pilot zwar während des Startes fest, aber die Geschwindigkeit der Maschine lag bereits über 300 Stundenkilometern, so dass jedes Bremsen zu spät war und die Concorde abheben musste. Allerdings signalisierte der Pilot gleich nach dem Start, er wolle im nur drei Kilometer entfernt liegenden Flughafen Bourget notlanden. Doch das Flugzeug kippte nach links weg. Es kam zum Absturz. Von Beginn des Starts an signalisiert der Kontrollturm das Feuer an der linken Tragfläche. Fotos von Augenzeugen, einem Japaner und einem ungarischen Touristen, bestätigen dies. Ein Fachmann der Concorde erklärt, dass Dutzende von Knöpfen während des Starts im Cockpit blinken und die Feuerwarnung nicht gerade sichtbar angebracht ist.

Die Untersuchungskommision BEA will Ende August einen vorläufigen Unfallbericht vorlegen. Im Gegensatz zu British Airways, die bereits am Mittwoch mit der Concorde flogen, setzte die Air France ihre Flüge mit der Überschallmaschineweiter aus. Eine Entscheidung über eine Wiederaufnahme sei noch nicht getroffen. Derzeit gehen auch die Obduktionsarbeiten am gerichtsmedizinischen Institut in Paris weiter. Teilweise können Opfer nur mit Hilfe von Eheringen oder ähnlichem identifiziert werden. Die Zahl der Toten stieg indessen auf 114. Unter den Trümmern wurde am Freitagnachmittag eine weitere, bisher nicht identifizierte Leiche gefunden.

Bettina Grosse

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