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Bald zurück. Am 8. April in Augusta will Woods wieder angreifen. Foto: Reuters

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Panorama: Demut vor dem nächsten Schlag

Die Stimme von Tiger Woods war gedämpft, seine verquollenen Augen rot unterlaufen. „Ich habe mir selbst ins Gesicht geschaut und die Person erkennen müssen, zu der ich geworden bin“, sagte er.

Die Stimme von Tiger Woods war gedämpft, seine verquollenen Augen rot unterlaufen. „Ich habe mir selbst ins Gesicht geschaut und die Person erkennen müssen, zu der ich geworden bin“, sagte er. „Und ich war angewidert.“

Woods wirkte zutiefst demütig in den ersten Interviews, die er seit dem Bekanntwerden seiner außerehelichen Affären im vergangenen November gab. Je fünf Minuten lang durften zwei Fernsehjournalisten ihn am Sonntag befragen. Auf die Interviews ließ sich Woods in der Folge massiver Kritik ein, nachdem der gefallene Golfstar bei einer Pressekonferenz vor einem Monat keine Reporterfragen zugelassen hatte.

Wie schon damals gab Woods am Sonntag das Bild eines Mannes ab, der seine Verfehlungen bedauert und darum ringt, sein Leben wieder in Ordnung zu bringen. Er erzählte von seinen schlimmsten Momenten in den vergangenen Monaten – den Gesprächen, in denen er seiner Frau und seiner Mutter seine zahlreichen Fehltritte beichten musste. „Das war ungeheuer schmerzhaft“, sagte er. „Sie sind die Menschen auf dieser Welt, die mir am nächsten stehen.“ Und er gelobte trotz seines geplanten Comebacks bei den Masters in Augusta am 8. April, weiter an sich zu arbeiten: „Ich übe mich in Wiedergutmachung – jeden Tag meines Lebens.“

Das alles klang sehr offenherzig – und natürlich war das die von Woods gewollte Interpretation. „Die Menschen kennen mich heute viel besser als vor einem Jahr“, sagte Woods. Er habe eine Lüge gelebt, aber seitdem er in Behandlung sei und mit sich selbst ehrlich ins Gericht gehe, fühle er sich „wesentlich stärker als jemals in meinem Leben“. Nachdem er zehn Jahre lang ein geglättetes, parfümiertes Bild seiner selbst abgegeben hatte, so die Botschaft der Interviews, zeigt Woods nun endlich sein ungeschminktes Gesicht.

Alle Karten legte Woods freilich noch immer nicht auf den Tisch. Was genau am 27. November vorgefallen sei, als er mit seinem Auto vor seinem eigenen Haus zwei Hydranten rammte und schließlich an einem Laternenpfahl landete, bleibe eine Privatsache zwischen ihm und seiner Frau, sagte Woods. Für welche Diagnose er in Behandlung sei, behielt er ebenfalls weiterhin für sich.

Diese Zurückhaltung trübte das von Woods’ Beraterstab angestrebte neue Bild des offenherzigen, geläuterten Stars. Woods habe im Grunde nicht mehr offenbart als schon bei seiner Pressekonferenz im Februar, kritisierte die „New York Times“. „Ein Fünf-Minuten-Interview mit 19 Fragen reicht nicht aus, um die Öffentlichkeit zu beschwichtigen“, kommentierte Bob Harig, der Kolumnist des Sportsenders ESPN.

Die Art und Weise, wie Woods’ PR-Manager die Affäre gehandhabt haben, war von Anfang an Gegenstand massiver Kritik – erst die dreimonatige Stille, gefolgt vom Verlesen eines Statements, zu dem keine Reporter zugelassen waren. Die Interviews vom Wochenende vermochten es nicht, diese Kritik verstummen zu lassen. Die Öffnung kam nach Ansicht der meisten Beobachter zu spät und ging nicht tief genug.

Der Eindruck wurde durch die Art und Weise verstärkt, wie die Interviews zustande kamen. Woods’ PR-Teams hatten in der vergangenen Woche verschiedene Fernsehsender mit dem Interviewangebot angerufen. Es waren zwar sämtliche Fragen zugelassen, die Interviewdauer war hingegen von vorneherein auf fünf Minuten beschränkt. Das Fernsehnetzwerk CBS lehnte deshalb das Angebot ab, lediglich Sportsender ließen sich darauf ein. „Die Alternative dazu wäre kein Interview gewesen, und das hätte unseren Zuschauern nicht gedient“, rechtfertigte sich der Nachrichtenchef von ESPN, Vince Doria, dafür, dass er zugegriffen hatte. Dass er damit auch weiterhin der PR-Maschinerie von Woods die Kontrolle über das Image des Stars überlässt, nahm Doria dabei wohl oder übel in Kauf.

Sebastian Moll[New York]

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