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Panorama: Der Fall der verschwundenen Schwiegertochter des argentinischen Dichters soll erneut aufgerollt werden

Der öffentliche Druck auf den scheidenden Präsidenten Uruguays, Julio María Sanguinetti, das Verschwinden der Schwiegertochter des argentinischen Dichters Juan Gelman und ihres in Haft geborenen Kindes aufzuklären, hat offenbar Wirkung. Wie der Gelman-Übersetzer Tobias Burghardt mitteilt, der in einer Solidaritätskampagne inzwischen weltweit 20 000 Unterschriften vor allem von Schriftstellern und Verlegern gesammelt hat, soll ein Militärgericht Anfang Februar den bis ins Jahr 1976 zurückreichenden Fall neu aufrollen.

Der öffentliche Druck auf den scheidenden Präsidenten Uruguays, Julio María Sanguinetti, das Verschwinden der Schwiegertochter des argentinischen Dichters Juan Gelman und ihres in Haft geborenen Kindes aufzuklären, hat offenbar Wirkung. Wie der Gelman-Übersetzer Tobias Burghardt mitteilt, der in einer Solidaritätskampagne inzwischen weltweit 20 000 Unterschriften vor allem von Schriftstellern und Verlegern gesammelt hat, soll ein Militärgericht Anfang Februar den bis ins Jahr 1976 zurückreichenden Fall neu aufrollen. Wie berichtet, war Maria Irureta Goyena 1976 in Buenos Aires hochschwanger in ein Geheimgefängnis verschleppt worden. Von ihr und ihrem im November 1976 im Militärhospital von Montevideo neugeborenen Kind fehlt seitdem jede Spur. Der Vater des Kindes, Gelmans Sohn, wurde ermordet.

Offenbar ausschlaggebend für den Schritt Sanguinettis war ein offener Brief, den 91 prominente Autoren aus 52 Ländern aller fünf Kontinente, darunter die Nobelpreisträger Günter Grass, Seamus Heaney und Wole Soyinka, geschrieben hatten. Darin forderten sie eine "gründliche Untersuchung der menschlichen Tragödie". Nun beauftragte Sanguinetti den Oberbefehlshaber der Streitkräfte Uruguays, Fernán Amado, mit der Benennung eines Staatsanwaltes der Militärgerichtsbarkeit und mit der Vorladung von vorerst sechs Militärs - General Gilberto Váquez, Oberst Jorge Silveira und Manuel Cordero, Oberstleutnant José Gavazzo, Hauptmann Menotti Ortiz und Ricardo Arab. Sie sollen am 1. Februar angehört werden. Aus Militärkreisen verlautete, dass mit dieser offiziellen Untersuchung "endgültig eine Tür geschlossen wird, damit später nicht gesagt werden könne, man habe keine Nachforschungen angestellt". Ob es sich dabei um eine leere Geste oder um eine ernsthafte Bemühung der Regierung Uruguays handelt, das Schicksal der beiden verschwundenen Familienangehörigen Juan Gelmans aufzuklären, wird sich erst noch erweisen müssen. Die uruguayische Presse spricht unterdessen vom "persönlichen Waterloo" Sanguinettis; in seiner zweiten, fünfjährigen Amtszeit als demokratisch gewählter Präsident Uruguays habe er alle Menschenrechtsfragen und die Gelman-Affäre nur aussitzen wollen.

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