zum Hauptinhalt
Muss das sein? Der verunglückte Kuss für die Fotografen könnte das Bild dieser Ehe prägen. Foto: AFP

© AFP

Panorama: Der Fluch der Grimaldis

Wie die Hochzeitsreise des Fürsten von Monaco und seiner Frau zu einer PR-Katastrophe wurde

Ein Foto sagt alles. Und nichts. Es ist und bleibt nur eine – manchmal verfälschte – Momentaufnahme des Lebens. Das gilt auch für Fotos einer Hochzeitsreise. Sie bleiben – manchmal gestohlene – Momente einer Beziehung.

Auf Schritt und Tritt wurden Fürst Albert II. und Charlène von Monaco bei ihrer Reise nach Südafrika von den Medien verfolgt. Das war auch so geplant. Albert genoss sichtlich das Scheinwerferlicht, und auch seine Frau, die ihn am Ende dann immerhin doch geheiratet hat, schien das Dasein als Prinzessin zu genießen. Bei fast jeder Gelegenheit, wenn das Paar sich von Kameras beobachtet fühlte, gab es sich wie verabredet demonstrativ einen Kuss auf den Mund.

Vielleicht ein bisschen zu demonstrativ. Was ohnehin unnatürlich wirkt – welches Paar gibt sich dauernd vor Kameras einen Kuss? – kann leicht zur Farce geraten. Einmal, als Fotografen wieder um den obligatorischen Kuss baten, drehte Charlène den Kopf weg und Albert landete mit dem Mund etwas verdutzt auf ihrer Wange. Was immer in diesem Moment in der Frau vorging – vielleicht war es einfach nur eine zufällige, unwillkürliche Kopfbewegung –, der Betrachter kann viel in das Foto hineinlesen.

Wie ein Foto interpretiert wird, hängt stark von den Vorzeichen ab, unter denen der Betrachter die Abgebildeten sieht. Hätte die Welt von diesem Paar ein Bild harmonischer Liebe, das Foto würde als kleine Panne gedeutet, so unbedeutend wie viele Fotos, auf denen Prominente gerade eine Grimasse schneiden oder in der Nase bohren.

Aber bei dem Fürsten von Monaco und seiner Frau ist das anders. Kaum eine Nachricht hat die Sicht auf das Paar so geprägt wie die Meldung des seriösen Wochenmagazins „L’Express“ wenige Tage vor der Hochzeit. Danach sei die Braut aus dem Palast geflüchtet und zum Flughafen geeilt, um die Hochzeit platzen zu lassen und in ihre Heimat Südafrika zu fliegen. Hintergründe seien neue Informationen zum Privatleben des Fürsten gewesen. Albert habe die Braut auf dem Flughafen von der Polizei abfangen und dazu überreden lassen zurückzukehren.

Der Palast dementierte. Als aber die Braut mit versteinerter Miene die Hochzeitszeremonie über sich ergehen ließ, gar in Tränen ausbrach, da konnte sich alle Welt eine Meinung bilden, wer recht hat, „L’Express“ oder der Palast. Hochrangige, in die Hochzeitsvorbereitungen involvierte Monegassen gaben später einen Disput zwischen dem Brautpaar zu. Und inzwischen scheint auch die Meldung gesichert zu sein, dass Albert nach seiner Rückkehr aus Südafrika einen erneuten Vaterschaftstest vor sich hat.

Das dauernde Augenzwinkern des Fürsten beim Einzug in die Kirche wirkte auf viele Betrachter befremdlich. Hat er da durchtrieben andere Frauen gegrüßt?

Seit dieser Vorstellung reißen die Berichte und Spekulationen in seriösen französischen Zeitungen nicht ab, in denen von einem Ehevertrag die Rede ist, der die Frau angeblich für fünf Jahre zur Ehe verpflichtet, sie auf Stillschweigen festlegt, ihr den Entzug der Kinder androht, wenn sie den Vertrag verletzt.

Tatsächlich gibt sich Charlène seither große Mühe. Es scheint ihr gar nicht so schwerzufallen. Irgendwann einmal muss sie sich doch auf ihr Dasein als Prinzessin gefreut haben. Gegenüber der US-„Vogue“, Ausgabe Juli, betonte Charlène, sie sei glücklich, und ihre gemeinsamen Fotos mit Albert II. bezeugten das Glück.

Das war vor dem Foto mit dem verunglückten Kuss.

Eines zeigt aber ihr ansonsten überwiegend souveränes Auftreten während der Südafrika-Reise: Die Braut versteht immer mehr, dass sie nicht nur „einen Fürsten, sondern ein ganzes Land“ geheiratet hat, wie der Trauungsbeamte S.E.M. Philippe Narmino bei der Ziviltrauung in Monaco am 1. Juli hervorhob. Will heißen, Staatsräson geht vor Liebe. Dass diese jahrhundertealte Herrscherpflicht sofort im Anschluss an die Hochzeit zum Tragen kam, war ein etwas unglücklicher Umstand. Dass die Verpflichtungen im Lande der Braut stattfinden, ebenfalls.

Ständig steht sie im Rampenlicht. Freiwillig? Noch zwei Stunden vor der Ziviltrauung posierte sie in einer Hotelsuite des Hermitage für die amerikanische „Vogue“, ließ sich bei ihrem Hochzeitsstyling von einem Fotografen über die Schulter schauen. Sie sah bei dieser Vermarktung nicht besonders glücklich aus. Und noch immer betont sie gegenüber Journalisten, zuletzt gegenüber der „Bunten“, sie sei zwar durch die Heirat Monegassin geworden, aber ihre „Wurzeln werden immer in Südafrika sein“. Von einer neuen Landesmutter hört man das nicht gern. Die stete Hervorhebung der alten Heimat lässt auch Außenstehende – und damit die Medien – aufhorchen. Nun sucht die Presse Beweise, um Klarheit zu schaffen und diese Liebe einzuordnen.

Schon im vergangenen Jahr wurde der Hochzeitstermin in Monaco auf Anfang Juli 2011 vorverlegt, damit Fürst Albert II. als Mitglied des IOC an dessen Tagung vom 5. bis 8. Juli in Durban teilnehmen konnte. Die Entscheidung für das Reiseziel der Flitterwochen stand damit fest. Wie praktisch. Festgelegt wurde das Ziel von politischen Verpflichtungen eines Regierenden – später wurde es um Charity-Treffen der neuen Fürstin erweitert. Programmgemäß fand hier die zweite Hochzeitsfeier statt. Im Luxushotel „Oyster Box“ in Umhlanga am türkisblauen Indischen Ozean hatte das Paar die Präsidentensuite gemietet. Im Oyster empfingen sie über 400 Gäste; Sportler, Politiker, IOC-Mitglieder. Der Empfang am 7. Juli stand unter dem Motto „Weiß-Rot“, den Farben Monacos. Bizarrerweise erschien die Braut von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Aber filmreif. Schön. Und wieder ein guter Anlass für Spekulationen. Der Kuss auf dem roten Teppich „passte“ aber, wie Fotos zu belegen wussten. Weniger passend sowohl für die Staatsgeschäfte als auch die Liebe erschien es, dass das Fürstenpaar zu einem Essen beim südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma zwar gemeinsam vorfuhr, danach aber sofort getrennte Wege ging und verschiedene Autos nahm. Auch mietete sich der Fürst alleine im Hotel Hilton ein, während die Braut im 15 km entfernten Oyster weilte. Flitterwochen in getrennten Hotels? Das schürte die Gerüchte über einen „schiefen Haussegen“ erneut. Selbst die französische Tageszeitung „Le Figaro“ sprach auf prominenter Seite von „einer seltsamen Hochzeitsreise“. Etwas unglücklich kommentierte Brautvater Michael Wittstock gegenüber der südafrikanischen „News Time“: „Die IOC-Konferenz fing um sieben Uhr morgens an, und Albert wollte nicht unnötig früh aufstehen und im Stau stehen.“

Wie praktisch.

Schon Alberts Vater, Fürst Rainier III., wusste, je mehr ein Land sich vermarktet, desto mehr muss es damit rechnen, dass die Medien-Geister, die es rief, sich verselbstständigen und ihren eigenen Auftrag erfüllen.

Die Grimaldis hatten schon immer mit Negativgeschichten zu kämpfen. Da war der furchtbare Tod von Alberts Mutter, der Schauspielerin Grace Kelly, die ebenfalls nach der Hochzeit im Palast gelitten hatte. Dann die Geschichten um Alberts Schwestern, die die Boulevardblätter seit Jahrzehnten füllen. Die ganze Familiengeschichte der Grimaldis scheint unter jenem Fluch zu stehen, den vor 700 Jahren eine vom Fürsten geraubte und vergewaltigte Flämin ausrief: „Niemals wird ein Grimaldi in einer Ehe glücklich werden.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false