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Panorama: Ein Feiertagskalender für Mädchen und Jungen aus 30 Nationen

An der Regenbogen-Grundschule lernen Kinder im „Trialog der Kulturen“ den christlichen, jüdischen und islamischen Glauben kennen

Die Gewaltbereitschaft an Schulen steigt, in vielen Klassen sind deutsche Kinder in der Minderheit. Es beginnt ein Kampf der Kulturen, bevor die Kinder ihre Religion wirklich verstehen. Und das Verständnis wird bisher an vielen Schulen auch unzureichend gefördert, wie eine Studie der Herbert-Quandt-Stiftung ergab. In deren Rahmen wurden die Lehrpläne und der Schulalltag in acht europäischen Ländern bezüglich der Wissensvermittlung über die drei Kulturtraditionen Judentum, Christentum und Islam geprüft. Dabei entdeckte die Stiftung ein hohes Ausmaß an Unkenntnis und Vorurteilen, aber auch hoffnungsvolle Fälle vorbildlicher Praxis.

Solche positiven Beispiele unterstützt die Quandt-Stiftung mit ihrem Förderprojekt „Trialog der Kulturen“. Es soll die Verständigung der drei monotheistischen Weltreligionen und Kulturen – Judentum, Christentum und Islam – voranbringen, zum Beispiel an der Regenbogen Europa- Schule im Norden von Neukölln.

Dort wählen die Schüler das Projekt „Trialog der Kulturen“ als Wahlpflichtfach. Es ist die erste kunstbetonte Schule in Berlin, Kinder aus 30 verschiedenen Nationen werden dort unterrichtet. In der Aula sind ab Mittwoch erste Arbeiten der Kinder ausgestellt, die einen Zwischenstand des beispielhaften Projekts dokumentieren.

Geleitet wird es von den Künstlern Annette Weber Vinkeloe, Ahmad Shamma, Henriette Mathieu und Thomas Schliesser. Sie vertreten von ihrer Herkunft den christlichen, muslimischen und jüdischen Hintergrund. Antichristliche und -jüdische Graffiti an Berliner Schulen machen aus Schliessers Sicht klar: Die Gewaltbereitschaft unter den Grundschülern ist gestiegen, „Jude“ sei wieder ein Schimpfwort geworden, sagt Schliesser, dessen Frau Jüdin ist. Er ist überzeugt, dass man viel früher anfangen muss sich mit den Kindern auseinanderzusetzen. „Bei 13-Jährigen ist es schon zu spät.“

Als Künstler fühlt er sich in einer Sonderstellung an der Schule, die ihm einen anderen Umgang mit den Kindern ermöglicht. Er muss keine Noten verteilen und Autorität ausstrahlen. Wenn die Kinder nach sechs Stunden Unterricht schlapp sind, kann er sie auch mal in Ruhe lassen.

Im Wahlpflichtfach „Trialog der Kulturen“ malen die Schüler arabische Schriftzeichen und vergleichen diese mit der lateinischen und hebräischen Schrift. Kleine Erfolge zählen. Wenn die Kinder stolz sind, ihren Namen auf Hebräisch schreiben zu können, ist schon viel gewonnen. Gemeinsam haben sie auch einen Kalender gestaltet, der alle muslimischen, jüdischen und christlichen Feiertage anzeigt. Damit sich die Kinder besser mit ihrer Arbeit identifizieren können, durfte jedes Kind noch das Kalenderblatt seines Geburtstages bemalen.

Ein einfacher Weg, auf dem die Kinder etwas über andere Kulturen lernen und einfach Spaß dabei haben. Schliesser mag die Neugierde der Kinder. Neukölln ist für ihn ein lebendiger Stadtteil, wo er gerne arbeitet.

Das Problem dieser Schulprojekte liegt in der Finanzierung. Die Künstler arbeiten auf Honorarbasis. Jedes halbe Jahr muss die Stelle verlängert werden, meistens läuft sie aus. „Es fehlt die Kontinuität, denn die Kinder brauchen ja immer eine gewisse Zeit um Vertrauen zu fassen“, sagt Thomas Schliesser. Der Künstler hat viele Jahre in den USA und Frankreich gelebt und weiß, wie bereichernd kulturelle Vielfalt sein kann. In Berlin, wo Menschen aus 180 verschiedenen Ländern leben, werde das multikulturelle Potenzial nicht ausreichend genutzt. „Berlins Schulen sollten offener mit anderen Kulturkreisen umgehen.“

Doch von der Politik lässt sich Schliesser nicht entmutigen. Er ist überzeugt, dass kleine lokale Projekte die einzige Möglichkeit sind, um etwas zu ändern. Die Ausstellung ist nun eine Chance Sponsoren auf das Projekt aufmerksam zu machen.

Vernissage „Trialog der Kulturen“ am Mittwoch, 28. Februar, 14 Uhr, Regenbogen Schule, Morusstr. 32-40, Neukölln

River Tucker

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